Der mutmaßliche Rädelsführer der Sauerland-Gruppe, Fritz Gelowicz, hat als erster der vier Angeklagten vor Gericht sein Schweigen gebrochen.

Düsseldorf. Der mutmaßliche Rädelsführer der Sauerland-Gruppe, Fritz Gelowicz, hat als erster umfassend die Anschlagspläne der Gruppe gestanden und dabei seine eigene Führungsrolle eingeräumt. „Ich wurde zum Anführer der Operation bestimmt“, sagte der 29-Jährige am Montag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Auch die Existenz der Islamischen Dschihad Union (IJU) bestätigte er entgegen der früheren Verteidigungstaktik. Als Hauptziel sollte die Gruppe nach dem Willen der IJU amerikanische Soldaten in Deutschland ins Visier nehmen: „Das war eine ganz klare Vorgabe.“

Zudem habe man amerikanische und usbekische Ziele von politischer Bedeutung als Ziele ins Auge gefasst. Auch ein „allerletztes Warnsignal an die deutsche Bevölkerung“ sollte mit den Anschlägen gesendet werden. Die IJU habe die Befehlsgewalt bei den Plänen beansprucht – der Name der Gruppe sei aber nicht wichtig gewesen: „Die Leute kommen nicht, um sich einer Gruppe anzuschließen, sondern um Dschihad zu machen.“

Von seiner Festnahme im September 2007 sei er sehr überrascht gewesen, sagte Gelowicz. „Ich war fest überzeugt, dass alles klappen würde.“ Allerdings sei er erleichtert gewesen, dass nun kein Druck mehr auf ihm laste. Nach seiner Überzeugung sei es Allahs Wille, dass die Anschläge nicht stattgefunden hätten – daher würde er die Tat auch nicht wiederholen, fügte der Hauptangeklagte hinzu: „Rückblickend würde ich es nicht nochmal tun.“ Ob er etwas bereue, sei aber „eine Sache, die zwischen mir und Allah ist“.

Bei Terror-Ausbildung zu Anschlägen entschlossen

Gelowicz und sein Mitangeklagter Adem Yilmaz entschlossen sich der Aussage zufolge während ihrer Terror-Ausbildung bei der Organisation in Pakistan 2006 zu den Anschlägen. „Ich war ziemlich schnell von der Idee überzeugt“, sagte Gelowicz. Zwar seien sie ursprünglich ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet gereist, um sich in der Region am Dschihad zu beteiligen: Doch sei es dort weit schwieriger, einen Anschlag zu begehen, bei dem Amerikaner zu Schaden kämen.

Daher sei ihnen von einem Anführer der Ausbilder die Rückkehr nach Europa nahegelegt worden: „Mit weniger Aufwand könnten wir einen viel größeren Schaden erreichen.“ Man habe ihn nicht überreden müssen, betonte Gelowicz: „Er hat mich keiner Gehirnwäsche unterzogen.“ Zudem habe es niemanden sonst gegeben, der einen solchen Anschlag habe begehen können.

Der mutmaßliche Rädelsführer erläuterte – ohne Nachfragen des Gerichts – zahlreiche weitere Hintergründe. Die Namen der Personen und Helfer, die er kenne, seien aber wohl kaum die richtigen: „Im Dschihad sagt niemand seinen richtigen Namen“, betonte er. Auch überflüssige Fragen würden dort weder gestellt noch beantwortet: „Fragen machen alle nur misstrauisch.“

Angeklagte bemerkten Observation

Bei der Schilderung der Anschlagsvorbereitungen erlaubte sich Gelowicz einen Seitenhieb gegen den Verfassungsschutz. Der Angeklagte Atilla Selek habe bemerkt, dass er observiert werde: „Die Observation war so auffällig, dass man das nicht übersehen konnte.“ Auch er selbst habe entdeckt, dass er beobachtet wurde, und darauf Selek beauftragt, einem der Autos den Reifen zu zerstechen. Der Verfassungsschutz sei dann mit seinen rund zehn Fahrzeugen abgezogen.

Im Januar hatte ein Sondereinsatzkommando seine Wohnung gestürmt, aber nichts gefunden, berichtete Gelowicz. Nach seiner kurzzeitigen Festnahme sei er vorsichtig geworden – habe dann aber beschlossen weiterzumachen: „Ich hatte einen Eid geleistet, dass ich die Operation durchführe“, sagte er. „Und der Grundstein war ja schon gelegt.“

Richter stellt Strafmilderung in Aussicht

Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling hatte am Morgen bereits den Umfang der Geständnisse aller vier Angeklagten gelobt: „So etwas habe ich in meiner richterlichen Zeit noch nicht erlebt.“ Man habe den Eindruck, „dass die Karten ungezinkt auf den Tisch gelegt worden sind“. Er betonte, dass sich solche Geständnisse auch auf das Strafmaß auswirken werden.

Die Angeklagten hatten im Juni überraschend Geständnisse angekündigt und wurden seitdem in ihren Haftanstalten von BKA-Beamten vernommen. Die Männer sollen eine deutsche Zelle der Islamischen Dschihad-Union (IJU) gegründet und Anschläge mit Autobomben in Deutschland geplant haben. Die Anklage gegen sie lautet unter anderem auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags.