Dienstwagenklau überschattet den Kampagnenstart. Steuerzahlerbund fordert Neuregelung für Dienstwagen.

Hamburg/Berlin. Für die SPD sollte es die Woche des fulminanten Wahlkampfauftakts werden. Doch Ulla Schmidts Dienstwagenklau hat schon zum Wochenbeginn Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die Präsentation seines Schattenkabinetts verhagelt: Morgen wollte der Außenminister ein unbelastetes, angriffslustiges Wahlkampf-Team vorstellen - offenbar auch die Gesundheitsministerin. Die ist aber nach der anhaltenden Kritik über ihren Dienstwagen-Umgang im Spanienurlaub weder unbelastet noch angriffslustig. Opposition und Steuerzahlerbund haben sich auf Schmidt eingeschossen, und der Fall wird ein Nachspiel haben: Schmidt wird vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages erklären müssen, warum ein Fahrer ihre S-Klasse mehr als 2000 Kilometer zu ihrem Urlaubsort bringen musste.

Schmidt hat die Sozialdemokraten im Wahlkampf böse überrascht. Statt wie beabsichtigt selbst Debatten anzustoßen, muss sich die SPD mit dem Gebaren einer Ministerin auseinandersetzen und sich gegen den Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern zur Wehr setzen. Erstmals hat dies auch der Chefstratege im Willy-Brandt-Haus zugegeben. "Dass der Dienstwagenklau nicht bei uns in der Terminliste mit drinstand, das können Sie mal unterstellen", sagte SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel. "Das sind so Geschichten, die dann manchmal auch da reinkommen."

Der Bund der Steuerzahler bezifferte die von Schmidt verursachten Kosten, inklusive Gehalt und Unterbringung des Fahrers, inzwischen auf rund 9400 Euro. Am Vortag hatte das Ministerium von 500 Euro Benzinkosten gesprochen und die Nutzung des Dienstwagens mit zwei dienstlichen Terminen begründet, die allerdings ganz in der Nähe ihres Urlaubsortes waren. Steuerbund-Hauptgeschäftsführer Reiner Holznagel forderte zudem eine Neuregelung der Dienstwagen-Vorschriften. "Wer privat seine Dienstlimo samt Chauffeur nutzt, muss auch dafür privat bezahlen", sagte Holznagel der "Bild"-Zeitung. "Die derzeitige Regelung privilegiert die Mitglieder der Bundesregierung auf Kosten der Steuerzahler."

Ulla Schmidt wurde unterdessen gestern Abend zurück in Deutschland erwartet. Um 18 Uhr sollte sie in Alicante abfliegen. Ob Steinmeier die angeschlagene Ministerin tatsächlich in sein Schattenkabinett aufnimmt, gilt in Berlin - zumal nach den Äußerungen Wasserhövels - als unsicher. Ursprünglich sollten alle SPD-Bundesminister Teil des Schattenkabinetts sein, da andernfalls peinliche Fragen nach deren Verbleib und Leistungsbilanz gestellt würden. Sollte die Aufregung um Schmidt anhalten, könnte das Thema Steinmeiers Präsentation dominieren. Es sei denn, er überrascht mit einer besonderen Personalie: Christina Rau, Witwe des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau könnte sich laut "Spiegel Online" um den Bereich Kultur oder die Bildungspolitik kümmern.

Aber noch hat der Kanzlerkandidat ein Problem namens Schmidt. Nur offiziell will man das in der SPD nicht so sehen.

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, sagte dem Abendblatt, die SPD brauche die Ministerin auch in Zukunft. "Frau Schmidt ist eine hervorragende Ministerin und ein echtes Pfund für die SPD, und das soll auch so bleiben." Kahrs machte deutlich: "Selbstverständlich gehört Frau Schmidt in die nächste Bundesregierung."

Auch SPD-Chef Franz Müntefering nahm sie in Schutz. "Ulla Schmidt hat schon viele Male mit Vorurteilen leben müssen", sagte er bei der Wahlkampfkonferenz in Hannover. "Das ist eine gestandene Frau, die wird das bestehen, da bin ich ganz sicher."