Gut drei Monate vor der Wahl beschwört der Kandidat seine Partei: “Das Ding ist offen.“

Berlin

Nur eine Woche nach dem Debakel bei der Europawahl hat sich die SPD auf ihrem Programmparteitag geschlossen hinter Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gestellt. Mit minutenlangem Applaus quittierten die 480 Delegierten gestern die mit Spannung erwartete Rede Steinmeiers.

Der Kandidat beschwor die Genossen: "Europawahl ist das eine, Bundestagswahl ist was anderes. Noch ist nichts entschieden für den 27. September. Das Ding ist offen." Er sehe "keinen Grund, mir und uns kleine Ziele zu stecken", rief Steinmeier den Delegierten zu. Und gerichtet an all jene, die an seiner Entschlossenheit zweifeln: "Ich will Kanzler aller Deutschen werden!"

Der Union unter Kanzlerin Angela Merkel warf Steinmeier Konzeptionslosigkeit und Verlogenheit vor. "Ihr Motto lautet: abwarten, abgucken, draufsetzen." Die Bundestagswahl bezeichnete er als Richtungswahl. Die SPD lehne eine marktradikale Ideologie ab, sagte Steinmeier mit Blick auf das von Union und FDP angestrebte Bündnis. Es sei die SPD, die in der Wirtschaftskrise für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfe, damit diese nicht dauerhaft wegbrächen. Die SPD sei der Garant sozialer Gerechtigkeit: "Nur mit uns bleibt auch der Sozialstaat intakt", versprach er.

Überhaupt stellte er seine Partei als eigentlichen Motor des Regierungshandelns in der Großen Koalition dar: "Alles, was Deutschland in den letzten Jahren vorangebracht hat, alles, was dieses Land vor der Krise gestärkt und in der Krise zusammengehalten hat, kam von uns", sagte Steinmeier. Als Beispiele nannte er Investitionen in Bildung und Infrastruktur, die Abwrackprämie, die Begrenzung von Managergehältern und die Suche nach Investoren für Opel.

Allerdings, so Steinmeier, müsse die SPD dies den Wählern deutlicher machen und insgesamt engagierter sein als in den vergangenen Wochen. Forderungen nach Kurskorrekturen erteilte er eine Absage. Die SPD bleibe die Partei der neuen Mitte. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla widersprach. Die SPD ziehe in der Not immer weiter nach links. Sie habe ein Krisenverschärfungsprogramm beschlossen.