Bei ihrem Treffen in Wiesbaden geht es auch um das geplante Terrorabwehrzentrum Rechts und eine Verbunddatei für Neonazis.

Wiesbaden. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sieht beim Kampf gegen Rechtsextremismus den „Schulterschluss“ der Länder vollzogen. Mit diesen Worten kommentierte er am Freitag die Ergebnisse der Innenministerkonferenz in Wiesbaden. Die zentrale Botschaft laute: „Der Kampf gegen den Rechtsextremismus wird mit aller Konsequenz geführt und hat in der Sicherheitspolitik hohe Priorität“, sagte Ulbig. Die Innenminister würden gemeinsam ein NPD-Verbot anstreben. „Dabei gilt für mich Qualität vor Schnelligkeit. Es muss gründlich geprüft werden.“ Ein Scheitern müsse von vornherein ausgeschlossen sein.

Ulbig zufolge dürfen die Länder nicht tatenlos zusehen, dass sich Rechte legal bewaffnen. „Waffen gehören nicht in die Hände von Rechtsextremisten. Wir werden ein nationales Waffenregister einrichten. Damit wird eine deutlich härtere Gangart möglich gemacht“, betonte der Minister. Zugleich gelte es aufzuklären, wie das Terrortrio jahrelang von den Sicherheitsbehörden unbemerkt agieren konnte. „Es steht fest: Was auch immer durch die Sicherheitsbehörden getan wurde, es war nicht erfolgreich.“ Ulbig begrüßte daher ausdrücklich eine Regierungskommission zur Aufklärung. Mit voreiligen Schuldzuweisungen sei aber niemandem geholfen.

Sorgfalt vor Schnelligkeit

Die Innenminister von Bund und Ländern streben ein Verbot der rechtsextremen NPD an. Bei der Innenministerkonferenz (IMK) in Wiesbaden konnten sie sich am Freitag aber noch nicht zu einem Beschluss für ein neues Verbotsverfahren durchringen. Sie vereinbarten, dass eine gemeinsame Arbeitsgruppe Kriterien für ein erfolgreiches Verbotsverfahren aufstellen und Material sammeln soll. Zwar sind die SPD-geführten Länder für die schnelle Einleitung eines Verfahrens. Die Unionsländer warnen aber vor Schnellschüssen, weil sie derzeit noch die Gefahr eines Scheiterns für zu groß halten.

Die IMK kann ohnehin keinen Verbotsantrag auf den Weg bringen, sondern lediglich ein Signal setzen. Nur Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung können einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht stellen. Im Jahr 2003 hatten die Richter einen ersten Verbotsantrag aus formalen Gründen abgewiesen, weil der Einfluss von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der NPD-Führung unklar war. Die V-Leute müssten zumindest in den Führung abgeschaltet werden, erklärten die Richter. Die Debatte um ein neues Verfahren war durch das Zwickauer Neonazi-Trio, dem zehn Morde angelastet werden, in Gang gekommen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte: „Wir streben ein Verbot der NPD an.“ Dazu werde die schon bestehende Arbeitsgruppe von Bund und Ländern erweitert. Er selbst werde zusammen mit Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) künftig den Vorsitz übernehmen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte, es sei unstrittig, dass jeder die NPD sofort verbieten wolle, wenn ein Verbotsverfahren tatsächlich gelingen könne. Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) betonte: „Wir werden alles tun, um nicht zu scheitern, weil wir nicht scheitern dürfen.“

Im Vergleich zu 2003 gebe es neue Erkenntnisse, sagte Schünemann. Die NPD sei viel stärker in den freien Kameradschaften verstrickt, und vermutlich gebe es auch Verbindungen zu Rechtsextremisten und -terroristen. Aber dies müsse eben nicht nur einzelnen Funktionären zugeordnet werden, sondern der NPD insgesamt. Wenn das bewiesen sei, sei die V-Leute-Problematik hinfällig, sagte Schünemann. Er und sein Amtskollege Rhein betonten, dass die Sicherheitskräfte auf V-Leute nicht verzichten könnten. V-Leute hätten in der Vergangenheit durchaus wichtige Erkenntnisse geliefert, sagte Schünemann.

Die IMK beschloss die Einrichtung eines neuen Abwehrzentrums Rechtsextremismus, das beim Bundeskriminalamt angesiedelt sein soll. Zudem einigten sich die Minister auf den Aufbau einer Verbunddatei für gewaltbereite Rechtsextremisten. Allerdings gibt es für diese gemeinsame Datei von Bund und Ländern noch keine Einigung in der Bundesregierung: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will nur die Daten von gewalttätigen Extremisten speichern lassen – nicht die von gewaltbereiten. Friedrich betonte: „Ich plädiere dafür, bereits bei den Gewaltbereiten anzusetzen.“ Denn das seien oft die Rädelsführer, ohne dass sie im Einzelfall selbst gewalttätig würden.

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