Das entsprechende Gesetz fand in der Länderkammer entgegen ersten Ankündigungen aus den Ländern und dem Bundestag keine Mehrheit.

Berlin. Die von der Regierung angekündigte Steuervereinfachung und die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags sind vorerst vom Tisch. Der Bundesrat stoppte am Freitag das Gesetz, das Entlastungen von knapp 600 Millionen Euro vorsah. Demnach sollten Steuererklärungen auch nur noch alle zwei Jahre abgegeben werden müssen. Die FDP setzt nun auf ein Vermittlungsverfahren, um die Maßnahmen zu retten.

Mit dem Gesetz sollte die jährliche Werbungskostenpauschale von 920 auf 1.000 Euro steigen. Gerade die FDP hatte dies Anfang des Jahres als großen Erfolg gefeiert. Darüber hinaus sollte es Steuererleichterungen für Kinderbetreuungskosten geben.

Ihre Ablehnung begründeten die Länder damit, dass die zusammengefasste Einkommenssteuererklärung für zwei Jahre für einen Großteil der Steuerzahler aus Rechtsgründen nicht anwendbar sei. Sie sei für viele Bürger auch nicht attraktiv, da sie eine Steuerrückzahlung erwarteten.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner mahnte, die Ablehnung der Maßnahmen dürfe nicht das letzte Wort sein: „Bestehende Bedenken sollten im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens jetzt aus dem Weg geräumt werden.“

Die Regierung hatte die Mini-Reform zur Steuervereinfachung nach einigem Hin und Her im Februar auf den Weg gebracht. Das Volumen wurde mit 585 Millionen Euro angegeben. Der Arbeitnehmerpauschbetrag sollte schon ab 2011 rückwirkend steigen. Die Maßnahme alleine entspricht einer Entlastung um 330 Millionen Euro.

Darüber hinaus sollten Eltern die Kosten für Kita oder Hort leichter bei der Steuer geltend machen können. Als Sonderkosten absetzbar werden sollten zwei Drittel der Kosten pro Kind, höchstens aber 4.000 Euro. Vorgesehen war zudem eine einfachere Beantragung des Kindergelds bei volljährigen Kindern.

Lesen Sie dazu auch:

Kabinett beschließt Steuersenkungen ab 2013

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich auf Steuersenkungen ab 2013 verständigt. Das Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich am Mittwoch hinter einen Beschluss der Parteivorsitzenden der Koalitionspartner CDU, CSU und FDP. Demnach macht der Bund im kommenden Jahr 27,2 Milliarden Euro neue Schulden. Zugleich wurden nach Angaben aus Regierungskreisen der Entwurf für den Haushalt 2012 sowie der Finanzplan bis 2015 auf den Weg gebracht. Das Kabinett will außerdem die Verabredung der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP verabschieden, kleine und mittlere Einkommen zum 1. Januar 2013 zu entlasten.

+++Schwarz-Gelb beschließt Haushaltsentwurf 2012+++

Rösler: Steuerbeschluss „Entscheidung der ökonomischen Vernunft“

FDP-Chef Philipp Rösler hat den Kabinettsbeschluss zu Steuersenkungen als "Entscheidung der ökonomischen Vernunft“ begrüßt. Damit gebe die Bundesregierung eine klare Richtung vor. "Wir wollen zum 1. Januar 2013 die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen steuerlich entlasten“, erklärte der Wirtschaftsminister am Mittwoch in Berlin nach der Kabinettssitzung. Zudem würden Sozialabgaben gesenkt.

Rösler sprach sich erneut dafür aus, das Problem der "kalten Progression“ bei der Einkommensteuer anzugehen. Es entsteht dann, wenn trotz Lohnzuwächsen die Arbeitnehmer aufgrund einer hohen Preissteigerung und nach Steuerabzug am Ende weniger Geld in der Tasche haben. Haushaltskonsolidierung und Entlastungen sind nach den Worten Röslers zwei Seiten einer Medaille. "Denn mit Entlastungen schaffen wir die Basis für einen anhaltenden Aufschwung.“

Zuvor hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle noch einmal den Zeitplan für Steuersenkungen ab 2013 verteidigt. "Wir wollen hier seriös vorgehen, im Herbst hat man nähere Schätzungen der Steuereinnahmen und der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und dann kann man präziser Werte festlegen“, sagte Brüderle der Bayerischen Rundfunk am Mittwoch. Auch der Haushaltsexperte der FDP, Otto Fricke, warb für Steuersenkungen. Die SPD hingegen lehnte diese ab.

+++Steuerplan sorgt für handfesten Streit in der Koalition+++

Geld für Steuersenkungen sei vorhanden, sagte Brüderle. "Wir haben Spielräume, weil die Steuereinnahmen deutlich höher sind als ursprünglich geschätzt“. Durch die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt entstünden weitere Möglichkeiten für Steuersenkungen, fügte der Fraktionschef hinzu.

Fricke verteidigte die geplanten Steuerentlastungen. Die Neuverschuldung gehe erheblich nach unten, und es gebe sogar schon Bundesländer, die einen Haushaltsüberschuss verzeichneten, sagte Fricke dem Südwestrundfunk am Mittwoch. Er räumte aber ein, dass die Mehrheit der Bevölkerung erst noch von der Notwendigkeit, die Steuern zu senken, überzeugt werden müsse.

FDP will Steuersystem vereinfachen

Über einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent zu reden, wie ihn der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) ins Spiel gebracht hatte, lehnt der Haushaltsexperte ab. Das käme einer Steuererhöhung gleich. Die FDP strebe weiter an, das Steuersystem möglichst schnell zu vereinfachen. Es sei aber "verdammt harte Arbeit“, alle davon zu überzeugen, fügte der FDP-Politiker hinzu. "Jeder sagt, ich bin ja für Steuervereinfachungen, aber diese Ausnahme lasst bitte für mich bestehen“, sei das Credo bislang.

SPD-Haushälter nennt Steuersenkungsplan "Bestechungsversuch“

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, beschuldigt die Regierung wegen ihrer Steuersenkungspläne der versuchten "Wählermanipulation“. Die Bevölkerung sei "nicht so blöd, sich jetzt über ein Geschenk zu freuen, das man in zwei Jahren wieder zurückholen muss, weil es gar nicht finanzierbar ist“, sagte Schneider am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. Das Versprechen von Steuererleichterungen für das Wahljahr 2013 komme einem "Bestechungsversuch“ gleich.

Schneider kritisierte, dass sich die Steuersenkung nicht in der Haushaltsplanung wiederfinde, die das Kabinett am Vormittag verabschieden soll. "Wenn die Regierung am Steuersystem etwas ändern wollte, müsste sie es einplanen“, sagte Schneider. Bisher gebe es zu dem Thema von Regierungsseite nur "wirre Äußerungen“.

Er warf Union und FDP unsolides Wirtschaften vor. Trotz guter Zahlen beim Arbeitsmarkt, bei den Steuereinnahmen und beim Wachstum gebe es eine "riesige“ Neuverschuldung. "Das passt alles nicht zusammen.“ Das Argument, Steuererleichterungen könnten das Wirtschaftswachstum stützen, wies Schneider zurück. "In guten Zeiten muss man etwas zurücklegen und dem Wirtschaftswachstum nicht noch Geld hinterher schmeißen“, sagte er. Jetzt müsse Vorsorge getroffen werden für "die Zeit des Abschwungs, die auf jeden Fall kommen wird“.

Schneider griff zudem Finanzminister Wolfgang Schäuble an. Dieser könnte Deutschlands Schulden deutlich stärker senken, als er es tue. "Nach meinen Berechnungen könnte die Neuverschuldung 2012 um sieben Milliarden Euro niedriger liegen“ als vom Minister eingeplant, sagte Schneider. "Ich frage mich, ob Schäuble die Schuldenbremse überhaupt ernst nimmt.“ Der CDU-Politiker werde "seiner Verantwortung als Finanzminister in der stärksten Wirtschaftsnation Europas nicht gerecht“, urteilte Schneider.

FDP erwägt Abschaffung des Soli

Wegen des anhaltenden Widerstands der Bundesländer gegen Steuersenkungen, denken führende FDP-Politiker über eine Abschaffung des Solidaritätzuschlags nach. "Wenn die Bundesländer unseren vernünftigen Weg nicht mitgehen wollen, dann kann der Bundestag den Solidaritätszuschlag abbauen“, sagte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms dem "Handelsblatt“ (Mittwochausgabe). "Die Kürzung des Soli wäre unsere Notalternative.“ Die Tarifsenkung mit dem Abbau der kalten Progression habe aber die absolute Priorität.

Der FDP-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Gerhard Papke, geht noch einen Schritt weiter: "Die Abschaffung dieser Zwangsabgabe ist über 20 Jahre nach der Deutschen Einheit längst überfällig“, sagte Papke der Zeitung.

Für Bayerns liberalen Wirtschaftsminister Martin Zeil ist "diese Sondersteuer längst ein Etikettenschwindel, weil die jährlich etwa zwölf Milliarden Euro schnurstracks in den Bundeshaushalt fließen und schon lange nicht mehr dem Aufbau Ost zugute kommen“.

Lieberknecht bekräftigt Nein zu Steuersenkungen

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hat ihr Nein zu Steuersenkungen bekräftigt. Angesichts einer geplanten Neuverschuldung des Bundes von 27 Milliarden Euro im kommenden Jahr gebe es dafür keine Spielräume, sagte sie am Mittwoch im WDR-Hörfunk. Die Bürger erwarteten die Sanierung der Staatsfinanzen. "Da sollten wir nicht ein kontraproduktives Zeichen setzen.“

Thüringen plane für das kommende Jahr einen schuldenfreien Haushalt. "Da können wir uns Steuerausfälle einfach nicht leisten“, sagte Lieberknecht. Das Bundeskabinett will am Vormittag zusammen mit dem Haushaltsentwurf 2012 auch einen Grundsatzbeschluss für Steuerentlastung fassen. Details und Umfang sollen erst im Herbst feststehen.