CDU- und FDP-Politiker kritisieren scharf, dass Schäuble erst 2012 die Steuer vereinfachen will. Sie wollen nicht knausrig dastehen.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will die Bürger erst 2012 durch Steuervereinfachungen entlasten und eckt damit in der Koalition an. Führende Politiker von Union und FDP forderten am Dienstag, das Steuerrecht bereits rückwirkend zum Beginn dieses Jahres auszumisten. Sie wollen vermeiden, dass Schwarz-Gelb beim Wähler als knausrig dasteht.

Schäubles Entwurf für ein "Steuervereinfachungsgesetz 2011" sieht als Stichtag für die meisten der 41 geplanten Änderungen den 1. Januar 2012 vor. Wichtigster Punkt ist die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 auf 1000 Euro, von der alle Steuerzahler profitieren würden. Den Bürokratieabbau lässt sich die Regierung insgesamt 585 Millionen Euro im Jahr kosten.

Die Koalitionsspitzen hatten sich zwar Anfang Dezember auf den Vereinfachungs-Katalog geeinigt, aber keine Verabredungen zu seinem Inkrafttreten getroffen. Schäuble hatte damals lediglich angekündigt, er lasse prüfen, welche Rechtsänderungen rückwirkend zum 1. Januar 2011 umgesetzt werden könnten.

Geht es nach dem Minister, müssen sich die Bürger vor allem bei den für sie zentralen Gesetzesänderungen gedulden. So soll auch die bessere Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten erst in einem Jahr greifen. Die Koalitionsspitzen hatten unter anderem auch vereinbart, dass es künftig ausreichen soll, wenn Arbeitnehmer nur alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben.

Vor allem in der FDP-Fraktion regte sich Kritik an Schäubles Zeitplan. „Während Banken- und Euro-Rettung zügig beschlossen und umgesetzt wurden, sollen Steuervereinfachungen, die den Bürgern direkt zugutekommen, auf die lange Bank geschoben werden“, kritisierte FDP-Finanzexperte Volker Wissing. Fraktionschefin Birgit Homburger betonte, wo immer möglich, sollten die Vereinfachungen rückwirkend greifen. Die FDP im Bundestag werde dafür sorgen, dass der Referentenentwurf entsprechend geändert werde. Entwicklungsminister Dirk Niebel sagte Reuters TV, die FDP sei nicht bereit, die Steuervereinfachungen zu verschieben.

Das Bundeskabinett will Schäubles Gesetzentwurf Anfang Februar auf den parlamentarischen Weg bringen. Im Bundestag dürfte der Entwurf noch erheblich verändert werden. So kündigte auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder an: „Das, was 2011 an Steuervereinfachungen auch rückwirkend möglich ist, wollen wir in der Koalition auch umsetzen“, sagte er der „Bild-Zeitung“. Wo eine Rückwirkung möglich ist, muss jedoch noch geklärt werden.

Ein Sprecher des Finanzministeriums warnte, rückwirkende Steuerrechtsänderungen könnten in einigen Fällen zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen. Zudem sei soeben erst der Bundeshaushalt 2011 beschlossen worden, in dem das Steuervereinfachungsgesetz nicht berücksichtigt worden sei.

Wegen der Probleme, die rückwirkende Gesetzesänderungen auslösen können, hatten Union und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, darauf zu verzichten. Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten sagte, dem Finanzministerium könne man deshalb keinen Vorwurf zu machen. Dem Parlament sei es aber freigestellt, bei den Vereinfachungen eine Ausnahme zu machen.

Von Stetten zeigte sich außerdem davon überzeugt, dass noch weitere Vereinfachungen beschlossen werden könnten. Als Beispiel nannte er die Aufbewahrungsfrist für Steuerunterlagen. Die FDP will aus der Entrümpelung eine regelmäßige Übung machen und möglichst jedes Jahr ein Vereinfachungsgesetz verabschieden.

Die SPD kritisierte, das Steuervereinfachungspaket biete schon inhaltlich nicht viel. Jetzt stelle sich heraus, dass die Bürger und Unternehmen auch noch länger warten müssten, sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Das Steuersystem werde weder einfacher, noch gerechter, noch werde die Belastung niedriger. (rtr)