Datenschützer Schaar warnt vor schnellen Reaktionen der Politik. Bei Sicherheitsbehörden sollen 600 neue Stellen geschaffen werden.

Berlin. Nach den jüngsten Terrorwarnungen geht die Debatte um schärfere Sicherheitsgesetze weiter. Entsprechende Forderungen, unter anderem nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, wies Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zurück. Sie unterstütze Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in seinem Bemühen, mit der veränderten Sicherheitslage besonnen umzugehen, neuer Sicherheitsgesetze bedürfe es dazu aber nicht.

Innensenator Heino Vahldieck dringt auf Vorratsdatenspeicherung

Die FDP-Politikerin warnte vor einer „politischen Instrumentalisierung der aktuellen Situation für einseitige Sicherheitsgesetze“. Ebenso wenig will sie das vom Bundesverfassungsgericht verworfene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland wieder aufleben lassen. Die Ministerin kündigte aber an, ihr Haus bereite eine „anlassbezogene Nutzung von Verbindungsdaten“ nach dem „Quick-freeze“-Verfahren vor, das darauf ziele, Telekommunikations-Verkehrsdaten etwa zur Strafverfolgung vorübergehend „einzufrieren“ und nach Genehmigung wieder „aufzutauen“.

Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), will kein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und hat sich damit gegen Rufe aus der eigenen Fraktion gewandt. „Das ist jetzt nicht die Stunde für gesetzgeberischen Aktionismus“, sagte er, sondern „die Stunde der Exekutive und der Sicherheitsbehörden“.

Datenschützer warnt vor schnellen Reaktionen der Politik

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnte ebenfalls vor schnellen Reaktionen der Politik. Zum Thema Vorratsdatenspeicherung sagte er, wenn über ein halbes Jahr registriert würde, wer mit wem telefoniert habe und wer mit welcher Identität im Internet unterwegs gewesen sei, wäre dies „ein viel zu weitgehender Eingriff in unsere Grundrechte“. Dagegen sieht der stellvertretende innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, unter „strengen rechtsstaatlichen Auflagen“ durchaus Chancen für die Anwendung von Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung zur Verbrechensbekämpfung.

Die Grünen-Chefin Claudia Roth lobte den Umgang von Bundesinnenminister de Maizière, mit der Terrorgefahr. „Ich finde sehr angenehm und sehr gut, dass der Bundesinnenminister jetzt ruhig ist“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag. „Es gibt aber schon wieder Stimmen, die diese Situation, eine angespannte Situation, ausnutzen wollen, um alte Modelle aus der inneren Aufrüstung vorzuschlagen“, fügte Roth hinzu.

Hamburgs Innensenator Heino Vahldiek (CDU) forderte die Bevölkerung erneut dazu auf, die Augen offenzuhalten. „Der berühmte herrenlose Koffer“ solle nicht ignoriert werden und die Polizei lieber „einmal zu viel als einmal zu wenig“ gerufen werden.

600 neue Stellen bei Sicherheitsbehörden

Vor dem Hintergrund der gestiegenen Terrorgefahr will die schwarz-gelbe Koalition die Sicherheitsbehörden durch 600 neue Stellen bei Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll verstärken. FDP-Haushalts- und Innenexperte Florian Toncar geht davon aus, dass das Gros des neuen Personals für die Bundespolizei eingesetzt wird. Die verschärften Sicherheitskontrollen in Deutschland sollen nach Polizeiangaben mindestens bis Jahresende aufrechterhalten werden.