Angesichts der Warnungen vor einem Terroranschlag in Deutschland werden Forderungen nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung laut.

Hamburg/Berlin. Das Treffen der Innenminister von Bund und Ländern wurde bestimmt von der aktuellen Sicherheitslage. Angesichts der Warnungen vor einem Terroranschlag in Deutschland Ende November sind erneut Forderungen nach einer Wiedereinführung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung laut geworden. Das Bundesverfassungsgericht hatte die umstrittene Speicherung ohne Anlass von Telefon- und Internetdaten im März gekippt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der "Financial Times Deutschland", wer sich jetzt noch gegen die Vorratsdatenspeicherung wehre, "hat die Bedrohungslage nicht verstanden". Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte "dringend" eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. Bundesinnenminister und Bundesjustizministerin müssten einen verfassungskonformen Gesetzentwurf vorlegen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wies die Forderung zurück. "Ich unterstütze den Bundesinnenminister in seinem Bemühen, mit der veränderten Sicherheitslage besonnen umzugehen", sagte die Justizministerin dem Abendblatt. "Neuer Sicherheitsgesetze bedarf es dazu nicht." Zur Wachsamkeit des Rechtsstaats gehöre, auf der Grundlage des geltenden Rechts alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, sagte sie. "Die Bundesrepublik hat furchtbare Stunden des Terrors gemeistert, ohne dass der Rechtsstaat aus den Fugen geraten ist."

Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner warnte davor, immer neue Anti-Terror-Gesetze zu erlassen. "Ein Überbietungswettbewerb für neue Sicherheitsgesetze ist unangebracht", sagte Lindner dem Abendblatt. "Was wir brauchen, sind personell gut ausgestattete, gut koordinierte Sicherheitsbehörden." Da brauche man mehr Elan, nicht bei immer neuen präventiven Eingriffen in die Privatsphäre, betonte Lindner. Die Terroristen "neiden uns die Freiheit einer offenen Gesellschaft", sagte der FDP-Generalsekretär. "Sie gewinnen, wenn wir selbst unsere Freiheit aus Angst preisgeben." Wenn Politiker die Bevölkerung zu Besonnenheit aufriefen, sollte die Politik selbst auch einen hektischen Aktionismus meiden, fügte Lindner hinzu. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mahnte ebenfalls zur Sachlichkeit: "Das ist jetzt nicht die Stunde, auf dem Rücken dieses Themas rechtspolitische Auseinandersetzungen zu verschärfen oder abzumildern."

Zweites umstrittenes Thema der Innenminister war gestern das Bleiberecht für minderjährige ausländische Kinder. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte gefordert, gut integrierten Kindern und Jugendlichen ein eigenes Bleiberecht unabhängig von ihren Eltern zu garantieren. Bayerns Innenminister Herrmann kritisierte, der Vorstoß würde Familien auseinanderreißen. "Es ist mit rechtlichen Problemen verbunden, Eltern nach Hause zu schicken und die Kinder hier zu belassen, worauf die Forderung ja hinausläuft", sagte Herrmann der "Augsburger Allgemeinen". Auch am heutigen Freitag soll das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen. "Es geht darum, dass Ausländern, die hier nur geduldet sind, aber Wurzeln geschlagen haben und gut integriert sind, eine wirkliche Bleibeperspektive eröffnet wird", erklärte der IMK-Vorsitzende und Hamburger Innensenator Heino Vahldieck (CDU). Die Abschlussergebnisse der Innenministerkonferenz werden heute Mittag präsentiert.