Der Name ist nicht das Wichtigste: Ob Hartz IV oder Basisgeld - die Grundsicherung solle vor allem fair sein, fordern die Sozialverbände.

Berlin. Die Debatte um angemessene Sozialleistungen spitzt sich zu. Nachdem bekannt wurde, dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) planen soll, im Zuge der Neuberechnung der sozialen Grundsicherung für Kinder und Erwachsene die Sozialleistungen künftig als "Basisgeld" zu bezeichnen, warnen Sozialverbände jetzt die Regierung davor, es allein bei symbolischen Korrekturen wie der Abkehr von dem negativ besetzten Begriff "Hartz IV" zu belassen.

"Ein neues Etikett für ein altes Problem allein reicht nicht aus", sagte Adolf Bauer, Präsident des Deutschen Sozialverbandes , dem Hamburger Abendblatt. "Die Bundesregierung muss die Grundsicherung substanziell verbessern. Mit kosmetischen Weichzeichnern ist den betroffenen Menschen nicht geholfen. Sie brauchen eine Grundsicherung, von der sie leben können und die sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben lässt. Deshalb müssen die Hartz-IV-Regelsätze jetzt vorrangig bedarfsgerecht angepasst werden, denn so haben es die Karlsruher Richter der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben."

Ursula von der Leyen will die neue Berechnungsmethode der Regelsätze am Montag der Öffentlichkeit vorstellen. Die Änderung ist notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht die jetzigen Sätze als willkürlich gerügt hatte. Der Regelsatz für einen Erwachsenen beläuft sich auf 359 Euro monatlich.

Auch Prälat Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, sagte: "Entscheidend ist nicht der Name, sondern der Inhalt." Für den Deutschen Caritasverband sei vor allem "eine transparente Berechnung der Höhe der Regelsätze" von zentraler Bedeutung. "Das Existenzminimum muss sichergestellt werden. Wenn das gewährleistet ist, ist der Name sekundär", so Neher zum Hamburger Abendblatt.

Im Ministerium wird allerdings betont, dass eine endgültige Entscheidung über einen neuen Namen noch nicht gefallen sei. Es gehe auch nicht darum, den Begriff "Hartz IV" zu ersetzen, da dieser im Gesetzestext ohnehin nicht verwendet werde. Allerdings hatte von der Leyen bereits Anfang dieses Jahres die Absicht geäußert, von der Bezeichnung "Hartz IV", die sich umgangssprachlich etabliert hat, wegkommen zu wollen. Seit geraumer Zeit spricht die Ministerin selbst stets von "Basisgeld". Der Begriff Hartz IV geht auf den damaligen Volkswagen-Vorstand Peter Hartz zurück, der unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) jene Kommission geleitet hatte, die die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung vorbereiten sollte.

Doch Ursula von der Leyen stand gestern auch wegen der im Sozialetat 2011 vorgesehenen Einschnitte wie Wegfall des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger in der Kritik. SPD, Linke und Grüne monierten, dass die schwarz-gelbe Koalition einseitig auf Kosten der sozial Schwachen spare. Die Ministerin verteidigte die geplanten Maßnahmen als "schmerzhaft, aber nicht unverhältnismäßig", während SPD und Grüne "soziale Kälte pur" diagnostizierten. Von der Leyen verwies darauf, dass im Etatentwurf bewusst bei den Renten oder bei Menschen mit Behinderungen nichts verändert worden sei. "Wir sparen da, wo das eingesetzte Geld kaum Wirkung hat", sagte sie mit Blick auf den Wegfall der Rentenbeiträge für Hartz-IV-Bezieher. Derzeit würden 1,8 Milliarden Euro dafür ausgegeben, dass ein Langzeitarbeitsloser "später gerade einmal zwei Euro mehr Rente im Monat hat". Auf die geplante Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger ging Leyen im Bundestag nicht ein, was ihr scharfe Kritik von der SPD eintrug. "Es ist unanständig, dass sich Bundessozialministerin von der Leyen im Bundestag hinstellt, über Chipkarte und Basisgeld für Kinder spricht und dabei die Streichung des Elterngeldes schlicht unterschlägt", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist, dem Hamburger Abendblatt.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) argumentierte hingegen, diese Zahlung an Hartz-IV-Empfänger sei "von Anfang an nicht richtig" gewesen. Für Hartz-IV-Empfänger gebe es zusätzliche Hilfe, wenn sie Kinder bekämen - etwa eine Erstausstattung fürs Kind und einen Mehrbedarfszuschlag. Komme noch Elterngeld hinzu, könne dies "auch eine negative Wirkung entfalten". Wer arbeiten gehe, müsse mehr haben als derjenige, der nicht arbeite. Als weitere Sparmaßnahme soll der Zuschlag beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II entfallen. Zudem wird der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger gestrichen. Das allgemeine Elterngeld soll bei einem anzurechnenden Nettoeinkommen von mehr als 1240 Euro im Monat von 67 Prozent auf 65 Prozent sinken.