Die SPD will ihr derzeit prominentestes Mitglied loswerden. Im Parteivorstand gab es eine Enthaltung: die eines Top-Gewerkschafters.

Berlin. So viel Einigkeit war selten. Doch hinter der SPD-Spitze grummelt es gewaltig. Die Parteiführung um Sigmar Gabriel hat mit demonstrativer Einigkeit den Parteiausschluss des einstigen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin (65) auf den Weg gebracht. Die gut 40 Mitglieder des Parteivorstandes beschlossen bei nur einer Enthaltung (DGB-Vorstand Dietmar Hexel) ein Parteiordnungsverfahren gegen Sarrazin, der mit seinen Thesen über die Integration von Ausländern Wirbel verursacht hatte.

Die Entscheidung über den Parteiausschluss liegt nun bei einem Schiedsgericht der Partei, das dafür zunächst bis zu sechs Monate Zeit hat. Der Vorstand habe noch keine Begründung für den Antrag beschlossen, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles: „Aber die wird in den nächsten Wochen folgen.“

SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner, der für das Ausschlussverfahren eintrat, sagte: „Das Thema ist wichtig, aber Sarrazin nicht.“ Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, sprach von „menschenverachtenden Äußerungen“ Sarrazins. Vor der Bundes-SPD hatten bereits der Berliner Landesverband und Sarrazins Kreisverband seinen Ausschluss beantragt.

Mit seinen umstrittenen Äußerungen etwa über die genetische Veranlagung von Ausländern brachte sich Sarrazin bereits um seinen Posten im Bundesbank-Vorstand. Er erklärte vorige Woche seinen Rückzug aus dem Vorstand, nachdem die Bundesbankspitze beim Bundespräsidenten seine Entlassung beantragt hatte.

Nach Medienberichten soll Sarrazin dabei durchgesetzt haben, dass er eine um monatlich 1000 Euro höhere Pension erhält als ihm bisher zugestanden hätte. Ein Regierungssprecher betonte , weder das Kanzleramt noch das Finanz- und das Innenministerium seien mit der Vereinbarung zwischen Bundesbank und Sarrazin über die Vertragsauflösung befasst gewesen. „Wenn wir nicht damit befasst waren, haben wir offenkundig nicht zugestimmt“, so der Regierungssprecher.

Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch zweifelt die offizielle Darstellung der Bundesregierung zum Fall Sarrazin als „unglaubwürdig“ an. Sie verlange von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „klipp und klar“ Auskunft darüber, ob die Regierung an der Pensionsregelung für Noch-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin beteiligt war, sagte Lötzsch. „Und wenn sie beteiligt war, warum gab es die Falschaussage des Regierungssprechers?“