Die Trennung erfolge einvernehmlich. Sarrazin habe Bundespräsident Christian Wulff gebeten, ihn von seinem Amt zu entbinden.

Berlin/Potsdam. Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin hat um seine Entlassung gebeten. Mit Blick auf die öffentliche Diskussion werde er seine Zusammenarbeit mit der Bundesbank zum Monatsende beenden, teilte die Bundesbank am Donnerstagabend zeitgleich zum Auftakt der Lesereise Sarrazins mit. Die Trennung erfolge einvernehmlich. Sarrazin habe Bundespräsident Christian Wulff gebeten, ihn von seinem Amt zu entbinden.

Sarrazin hatte mit Äußerungen in seinem Buch “Deutschland schafft sich ab“ über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer bundesweit für Empörung gesorgt. Er sagte bei einer Lesung am Abend in Potsdam, der Bundesbankvorstand habe seine Anwürfe gegen ihn zurückgezogen. “Danach habe ich den Bundespräsidenten gebeten, mich mit Ablauf des 30. September von dem Amt zu entbinden“, sagte Sarrazin.

Wulff begrüßte Sarrazins Schritt. Sein Sprecher Olaf Glaeseker sagte auf dapd-Anfrage: “Der Bundespräsident wird dem Antrag von Herrn Sarrazin entsprechen und begrüßt die einvernehmliche Lösung mit der Deutschen Bundesbank.“

In der Erklärung der Bundesbank hieß es, der Vorstand und Sarrazin seien sich ihrer Verantwortung für die Institution Deutsche Bundesbank bewusst. Der Vorstand habe seinen Antrag vom 3. September zur Abberufung Sarrazins durch Wulff zurückgezogen und halte die Wertungen aus seiner Pressemitteilung vom 30. August nicht aufrecht. Der Vorstand danke Sarrazin für seine Arbeit als Vorstandsmitglied. Beide Seiten wollten sich in dieser Angelegenheit nicht mehr äußern.

Der Bundesbankvorstand hatte sich Ende August von Sarrazins Thesen distanziert und ihm vorgeworfen, er missachte die Verpflichtung für Vorstandsmitglieder zu Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung. Die abwertenden Äußerungen Sarrazins seien zudem geeignet, den Betriebsfrieden erheblich zu beeinträchtigen.

Sarrazin sagte in Potsdam, für ihn sei die jüngste Zeit nicht einfach gewesen. Er habe ein wichtiges Sachthema aufgegriffen und dann vor der Frage gestanden, ob er sich mit der gesamten politischen Klasse und 70 Prozent der veröffentlichten Meinung in Deutschland anlegen wolle. “Diese Situation hält auf die Dauer keiner durch“, sagte er. Jetzt könnten die Leute nicht mehr sagen: “Der Bundesbankvorstand hat gesagt...“, sondern “Sarrazin hat gesagt...“ Damit könne er leben.

In Potsdam hatte Sarrazin am Donnerstag seine bundesweite Lesereise begonnen. Im ausverkauften Nikolaisaal las der ehemalige Berliner Finanzsenator vor etwa 700 Gästen aus seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“. Das Publikum im Saal empfing den 65-Jährigen überwiegend mit Applaus; einige jubelten und begrüßten den Redner mit „Standing Ovations“.

Vor dem Gebäude protestierten dagegen zahlreiche Menschen unter dem Motto „Keine Toleranz gegen Rassisten“ gegen den Leseabend. Mit seinen Äußerungen über Einwanderer hatte Sarrazin bundesweit Proteststürme ausgelöst. „Ich und viele meiner Kollegen haben Wut im Bauch“, sagte ein Berliner, der vor 25 Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen war und seitdem bei Siemens arbeitet. „Sarrazin schafft sich ab“ stand auf einem Transparent an der Fassade eines Nachbarhauses.

Andere Demonstranten gaben sich als Sarrazin-Befürworter zu erkennen. Darunter waren auch einige Anhänger der rechten Szene. Die Polizei erteilte ihnen Platzverweise. Weitere Zwischenfälle habe es zunächst nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher.