Über die Probleme mit muslimischen Zuwanderern müsse diskutiert werden. Aber Thilo Sarrazin sei bloß ein „Hobby-Darwin“.

Hamburg. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hält die Thesen seines Genossen und Noch-Bundesbank-Vorstandes Thilo Sarrazin für gefährlich. Über Integrationsprobleme könne und müsse offen gestritten werden, schreibt Gabriel in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Zeit“. Sarrazin bereite mit seiner Kritik an muslimischen Zuwanderern aber „den Boden für die Hassprediger im eigenen Volk“. Das sei mit der Programmatik der SPD nicht zu vereinen: „Wer uns empfiehlt, diese Botschaft in unseren Reihen zu dulden, der fordert uns zur Aufgabe all dessen auf, was Sozialdemokratie ausmacht.“

Sarrazin hatte mit Äußerungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer bundesweit für Empörung gesorgt. Die SPD setzte daraufhin ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn in Gang.

Gabriel kritisierte insbesondere Sarrazins Rückgriff auf Theorien aus dem 19. Jahrhundert, mit denen er eine Lehre von der angeborenen Überlegenheit des gebildeten Bürgertums gegenüber der Unterschicht begründe. Deren Kinder würden laut Sarrazin die intellektuelle Ausstattung ihrer Eltern erben und seien darum von Geburt an benachteiligt und letztlich zum Scheitern verurteilt. Selten habe es „eine so unverblümte Wiederbelebung der ständischen Gesellschaft gegeben“, urteilte Gabriel und bezeichnete Sarrazin als „Hobby-Darwin“.

Schlimmer als der Autor selbst sei allerdings die Rezeption seiner Äußerungen in den Medien, mahnte Gabriel. Dort seien die Aussagen trotz der gefährlichen Thesen weithin als notwendiger Tabubruch begrüßt worden. „Es ist also im Deutschland des 21. Jahrhunderts möglich, mit den eugenischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts stürmischen Beifall zu erzeugen“, kritisierte der SPD-Vorsitzende. „Eigentlich kann man nur hoffen, dass die lautstarken Befürworter Sarrazins das Buch nicht gelesen haben. Sonst müsste jedem überzeugten Demokraten und aufgeklärten Bürger dieses Landes angst und bange werden.“