Linkspartei-Chef fordert ein Eingreifen Europas und enge Grenzen für Schweizer Banken. Opposition macht Druck auf Finanzminister Schäuble.

Berlin. Wolfgang Schäuble versucht zu retten, was zu retten ist. Der Bundesfinanzminister hält weiterhin unnachgiebig an dem geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz fest , das den jahrzehntelangen Streit über deutsche Schwarzgelder auf Konten in der Alpenrepublik beenden soll - obwohl es wegen der Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder und erbitterten Widerstands der Opposition momentan auf der Kippe steht.

"Die Schweiz ist genauso ein Rechtsstaat wie wir, und es macht keinen Sinn, wenn wir jetzt gegenseitig übereinander herfallen", sagte der CDU-Politiker dem SWR. Anstatt die Schweiz zu kritisieren, müsse der Konflikt zwischen den Rechtsordnungen beider Länder gelöst werden - wozu das verhandelte Steuerabkommen diene. "Das Problem ist nur, dass wir bisher auf eine Ablehnungsfront, auf eine politisch motivierte Ablehnung von den SPD-regierten Ländern im Bundesrat stoßen. Und die tragen das auf dem Rücken der Beamten aus." Auch die FDP empörte sich über die "schäbige" Kritik der Sozialdemokraten. Generalsekretär Patrick Döring sprach von "Säbelrasseln" der SPD und zeigte Verständnis für das Vorgehen der Schweiz.

Ob der Vertrag mit dem Nachbarland noch eine Chance auf Ratifizierung hat, könnte sich schon bald zeigen: In den nächsten Tagen sollen letzte Änderungen fertiggestellt werden. Das Abkommen sieht vor, deutsches Schwarzgeld in der Schweiz rückwirkend zu besteuern und auch auf künftige Kapitalerträge Abgaben zu erheben. Damit es in Kraft tritt, muss das Abkommen von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden. Die Opposition bemängelt jedoch, dass Steuersünder damit zu gut wegkämen. Sie wollen die Zustimmung im Bundesrat verweigern.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erneuerte seine Kritik an dem Abkommen. Das Schwarzgeld müsse rückwirkend höher besteuert werden als bislang vorgesehen. "Es muss in Richtung 50 Prozent gehen", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Bisher sind maximal 34 Prozent geplant.

Zudem verlangte Walter-Borjans die Rückendeckung der Bundesregierung für die drei betroffenen NRW-Steuerbeamten. Es sei nicht hilfreich, wenn Politiker der schwarz-gelben Koalition Verständnis für das Vorgehen der Schweiz äußerten.

Die Linkspartei schlug vor, Schweizer Banken bei Geschäften im Ausland künftig strenge Regeln aufzuerlegen. Parteichef Klaus Ernst sagte dem Abendblatt, Deutschland müsse den Instituten von sich aus Grenzen setzen. Es gebe kein Grundrecht auf Steuerhinterziehung. Er sei deshalb dafür, "dass Deutschland ein gemeinsames Vorgehen mit möglichst vielen anderen EU-Staaten findet. In diesen Ländern sollten nur noch Banken Geschäfte machen dürfen, die große Geldanlagen von Ausländern automatisch den zuständigen Steuerbehörden melden, damit überprüft werden kann, ob das Geld versteuert wurde", so Ernst. Schweizer Banken dürften dann in Deutschland nur noch Geschäfte machen, wenn sie von sich aus mit den deutschen Steuerbehörden kooperierten. "Das wäre eine echte europäische Steuerhinterziehungsbremse", betonte der Parteichef.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir plädierte für eine europäische Lösung. Das geplante Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz zur Besteuerung von Schwarzgeld "würde allen Steuerhinterziehern genügend Zeit verschaffen, ihre Vermögen in andere Länder zu transferieren", kritisierte Özdemir. Mit dem "sturen Betreiben eines bilateralen Abkommens" blockiere Finanzminister Schäuble ein notwendiges gemeinsames Vorgehen auf europäischer Ebene.