Sein früherer Behördensprecher David Gill leitet künftig das Bundespräsidialamt. Der Wechsel des 46-jährigen Oberkirchenrates kam allerdings nicht überraschend.

Berlin. Das Bundespräsidialamt hat einen neuen Chef. Bundespräsident Joachim Gauck hat in einer seiner ersten Amtshandlungen seinen Vertrauten David Gill zum Leiter des Bundespräsidialamtes gemacht. Der Wechsel des 46-jährigen Oberkirchenrates kam allerdings nicht überraschend.

Gauck und Gill haben sich bei der Auflösung der DDR-Staatssicherheit kennengelernt. Gill wurde nach der Erstürmung der Berliner Stasi-Zentrale im Januar 1990 Vorsitzender des Bürgerkomitees zur Abwicklung des DDR-Geheimdienstes. Als die frei gewählte Volkskammer Gauck dann mit der Stasi-Auflösung beauftragte, holte der den redegewandten Gill in seinen Sonderausschuss und beim Aufbau der Stasi-Unterlagenbehörde in sein „Küchenkabinett“. Gill schmiss sein Theologiestudium und moderierte unter anderem die Zusammenarbeit zwischen Behördenleitung, westdeutschen Beamten und ostdeutschen Bürgerkomitees. Später wurde er Gaucks Pressesprecher. Gauck lobt ihn als freundlich, engagiert, kompetent und verlässlich.

In der DDR wäre Gill wohl wie Gauck Pfarrer geworden. Der Sohn eines Bischofs hatte die Jugendweihe verweigert und kein Abitur machen dürfen. Nach einer Klempnerlehre erlangte er am kirchlichen Oberseminar in Potsdam-Hermannswerder die Hochschulreife und ging ans Berliner Sprachenkonvikt, wo schon die späteren SPD-Politiker Markus Meckel und Thomas Krüger sowie der Journalist Christoph Dieckmann studiert hatten. In dieser kirchlichen DDR-Gegenwelt genoss Gill wie auch schon in seiner Heimatstadt Herrnhut die geistige Freiheit in geistlicher Gemeinschaft, übte sich in freier Rede, lernte zu argumentieren und zu konzipieren.

Ab 1993 absolvierte Gill ein Jurastudium, arbeitete dann beim Berliner Datenschutzbeauftragten und wurde 2004 Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik und der EU – Verbindungsmann zwischen Kirche und Politik sozusagen. Ein „Idealjob“ fand SPD-Mitglied Gill damals. Er ist mit einer Amerikanerin verheiratet und hat zwei Kinder.

Schon als SPD und Grüne Gauck 2010 für das Amt des Bundespräsidenten nominiert hatten, organisierte Gill dessen Kandidatenbüro. Gill fand damals, viele hätten den früheren Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde nicht mehr richtig auf dem Schirm, verordnete dem Kandidaten eine Reihe Interviews und konnte sich bald über Schlagzeilen wie „Yes, we Gauck“ amüsieren. Dass Gauck zwei Jahre später nicht mehr versuchen muss, die Abgeordneten der Bundesversammlung via Pressegespräch für sich einzunehmen, liegt auch an Gills Konzept von 2010.

Bisher ist Gill als Gaucks Büroleiter von der EKD nur beurlaubt. Unter einem Bundespräsidenten Gauck dürfte aus dem „Ferienjob“ im Kandidatenbüro eine Festanstellung als Staatssekretär werden.