Soldaten des Regimes töten mindestens 32 Menschen. Die Beobachtermission der Arabischen Liga konnte die Lage nicht beruhigen.

Beirut. Die anhaltende Gewalt gegen syrische Regimegegner trieb Hunderttausende Syrer auf die Straße, um zu protestieren und den Rücktritt des Präsidenten Baschar al-Assad zu fordern. Obwohl sich Beobachter der Arabischen Liga in Syrien befinden, erschossen Sicherheitskräfte landesweit mindestens 32 Menschen, die meisten von ihnen während der Protestaktionen.

Der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdul Raham, erklärte, die größten Proteste habe es in den Provinzen Idlib und Hama gegeben, wo jeweils rund 250.000 Menschen zusammengekommen seien. Weitere große Demonstrationen habe es in der Provinz Daraa und in Duma gegeben, einem Vorort der Hauptstadt Damaskus. In Damaskus und einigen anderen Städten kamen Anhänger des Präsidenten zusammen und versicherten ihm ihre Solidarität.

Nach Angaben von Aktivisten starben die meisten von ihnen in der seit Wochen umkämpften Oppositionshochburg Homs. Auch bei den Demonstrationen in anderen Landesteilen sei es zu heftigen Ausschreitungen gekommen. So hätten die Sicherheitskräfte des Regimes in Idlib auf die Teilnehmer der Proteste gefeuert und Tränengas eingesetzt. Laut Nachrichtensender „Al-Dschasira“ wurde in 18 Regionen demonstriert. Auch in Duma außerhalb der Hauptstadt Damaskus kam es bei einer Großdemonstration zu Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Regierungstruppen. Der Sender „Al-Arabiya“ berichtete von bis zu 100 000 Teilnehmern. Die staatliche syrische Agentur Sana meldete wiederum zahlreiche Pro-Assad-Demonstrationen.

Die russische Regierung zeigte sich am Freitag zufrieden mit der Arbeit der arabischen Beobachter. „Moskau beurteilt mit Zufriedenheit den wahren Beginn der Aktivitäten der Arabischen Liga in Syrien“, erklärte das Außenministerium am Freitag in einer Stellungnahme. Es verwies darauf, dass der Missionsleiter, ein sudanesischer General, die Stadt Homs besucht habe. „Die Lage dort ist beruhigend, Zusammenstöße wurden nicht registriert.“ Russland ist einer der wenigen verbliebenen Verbündeten des Regimes in Damaskus.

Aktivisten erklärten, bei einem Angriff der Regierungstruppen seien in der Ortschaft Talkalach nahe der Grenze zum Libanon mindestens vier Menschen getötet worden. Die Opfer hätten zu dem Zeitpunkt nicht protestiert, sodass nicht klar sei, warum sie angegriffen worden seien.

+++Protesthochburg Homs: Beobachter unter Beobachtung+++

Die Anwesenheit der arabischen Beobachter hat der Oppositionsbewegung in Syrien neuen Auftrieb verschafft. Zu den Demonstrationen in den Städten, in denen die Beobachter erwartet wurden, erschienen in dieser Woche Zehntausende Menschen. Die Örtlichen Koordinationskomitees erklärten, seit der Ankunft der Beobachter am Dienstag seien mindestens 130 Menschen von den Sicherheitskräften des Regimes getötet worden, darunter sechs Kinder.

Die Zustimmung der syrischen Führung zu der Mission halten Oppositionelle für ein Ablenkungsmanöver. Dem Regime gehe es allein darum zu verhindern, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit der Krise befasse. Die Opposition fordert schon seit geraumer Zeit sogenannte Schutzzonen an der Grenze zur Türkei.

Die Deserteure der syrischen Streitkräfte setzen während des Besuchs der arabischen Beobachter ihre Offensive gegen Regierungsziele aus. Der Führer der Freien Syrischen Armee (FSA), Oberst Riad al Asaad, erklärte am Freitag, seine Soldaten hätten ihre Angriffe mit der Ankunft der Beobachter am Dienstag eingestellt. Auf diese Weise wolle die FSA zeigen, dass das Regime friedliche Demonstranten töte. Nach dem Ende der Beobachtermission werde seine Organisation die Angriffe wieder aufnehmen. Der FSA gehören nach eigenen Angaben etwa 15.000 Mann an, die dem Regime ihre Unterstützung entzogen haben.

Der UN zufolge sind in Syrien bislang mehr als 5.000 Menschen seit dem Beginn der Unruhen im März getötet worden.

Mit Material von dpa/dapd