Syrien hat angeblich der Entsendung von internationalen Beobachtern zugestimmt. Berichte über Massaker an desertierenden Soldaten.

Beirut. Das syrische Regime hat nach langem Zögern und Taktieren doch noch einem Plan der Arabischen Liga für ein Ende der Gewalt zugestimmt. Ausschlaggebend war ein Machtwort des wichtigsten Verbündeten, Russland. Damit ist der Weg frei für arabische Beobachter, die in Syrien den Abzug der Armee aus den Protesthochburgen überwachen wollen. Die Beobachter würden rund 100 Krisenherde besuchen, kündigte der Generaldirektor der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, am Montag in Kairo an. Der Einsatz ist zunächst auf einen Monat befristet, kann aber verlängert werden.

Nur wenige Stunden nach der Unterzeichnung töteten regimetreue Truppen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten 72 Deserteure. Weitere elf Zivilisten waren zuvor ums Leben gekommen. Die syrische Opposition fordert deshalb eine sichere Zone, in der Regimegegner Zuflucht finden können. Seit Beginn der Proteste im März haben regimetreue Sicherheitskräfte nach UN-Angaben mehr als 5000 Zivilisten getötet.

Die Arabische Liga hatte damit gedroht, das Syrien-Dossier am Mittwoch dem Weltsicherheitsrat zu übergeben, falls Assad ihrem Plan nicht zustimmen sollte. Syriens Außenminister Walid al-Muallim schrieb den Sinneswandel der Führung in Damaskus vor allem mahnenden Worten aus Moskau zu. „Russlands Position ist klar. Es hat Damaskus geraten, das Protokoll zu unterzeichnen. Und wir haben das umgesetzt“, sagte der syrische Chefdiplomat.

Russland hofft nach der Unterzeichnung auf eine Stabilisierung der Lage in Syrien. „Diese Chance sollte unserer Meinung nach genutzt werden“, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Die Behörde sprach von einem „Mechanismus zur unabhängigen Kontrolle“, der dem Schutz der gesamten Bevölkerung diene. Russland verhinderte bislang gemeinsam mit China eine Verurteilung des syrischen Regimes im Weltsicherheitsrat.

+++ Araber verlieren Geduld mit Assad +++

Die UN-Vollversammlung hat Syrien wegen der brutalen Gewalt gegen Demonstranten dagegen mit überwältigender Mehrheit zurechtgewiesen. 133 UN-Mitgliedsstaaten verurteilten am Montag die „schweren und systematischen Menschenrechtsverstöße durch die syrische Obrigkeit“ scharf.

Während in Damaskus Tausende auf die Straße gingen, um ihre Unterstützung für das Regime zu bekunden, kursierten weiter Gerüchte über eine angebliche Lösung, wonach Präsident Baschar al-Assad bei einem Verzicht auf Strafverfolgung ins Exil gehen könnte.

Im Damaszener Viertel Al-Midan waren am Montag Schüsse zu hören. Aktivisten berichteten von vier Toten und Dutzenden Verletzten. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana bezeichnete die insgesamt elf Opfer als „Mitglieder einer Terrorgruppe“. Später wurden nach Angaben von Aktivisten 72 Deserteure getötet. Diese hätten in der Unruheprovinz Idlib versucht, ihre nahe der türkischen Grenze stationierte Einheit zu verlassen.

Die neue Gewalt widerspricht dem Geist des Protokolls der Liga. Dies sieht unter anderem eine Überwachung des Abzugs der Armee aus den Protesthochburgen Homs, Deir as-Saur, Daraa, Idlib und Hama vor. Die ersten Beobachter sollen bereits diese Woche in Syrien eintreffen.

„Es ist offensichtlich, dass das Regime weiter Zeit schinden will ... die Stadt Homs wird seit drei Tagen bombardiert...ständig sterben mehr Menschen unter der Folter“, kommentierte der Vorsitzende des von der Opposition gegründeten Syrischen Nationalrates, Burhan Ghaliun, die Unterzeichnung des Protokolls. Zum Ende eines dreitägigen Treffens des Rates in Tunesien sagte er: „Dies ist keine Revolution der Rache, wir wollen die Institutionen des Staates nicht zerstören“. Das Oppositionsbündnis unterstützt die Forderung der Protestbewegung nach einem Rücktritt Assads und der Spitzenfunktionäre seines Sicherheitsapparats.

„Genug gelogen!“, kommentierten Regimegegner auf ihren Internet-Seiten die Pressekonferenz von Al-Muallim. „Wir haben von Anfang an gewusst, dass das Regime den Plan letztlich unterzeichnen wird, denn es hat Angst vor einer Internationalisierung des Konflikts“, sagte ein Aktivist von der syrisch-türkischen Grenze der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview. Er forderte die Einrichtung einer von einem Flugverbot abgesicherten Pufferzone, in die auch Deserteure flüchten könnten. Am Sonntag seien 21 Offiziere festgenommen worden, die sich geweigert hätten, auf Regimegegner zu schießen. Ihnen und allen anderen Deserteuren drohe die Exekution. (dpa)