Jürgen Rüttgers hat einen Teilrückzug aus der Politik angekündigt. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten tritt er nicht gegen SPD-Chefin Kraft an.

Düsseldorf. Der amtierende nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers überlässt vorerst der SPD-Herausforderin Hannelore Kraft das Feld. Er will bei der Ministerpräsidentenwahl Mitte Juli nicht gegen Kraft antreten, wie er am Wochenende in Düsseldorf bekanntgab. Sein Rückzug hat möglicherweise taktische Gründe, wie die „Welt am Sonntag“ schreibt:Rüttgers gehe davon aus, dass die von Kraft geführte Minderheitsregierung von SPD und Grünen nicht lange halte und er eine gute Chance bei Neuwahlen hätte.

Rüttgers will mindestens bis zum Frühjahr 2011 Vorsitzender der NRW-CDU bleiben und auch sein Landtagsmandat behalten. Als Fraktionsvorsitzender stehe er aber nicht zur Verfügung, sagte er. „Ich habe mich eingesetzt für eine große Koalition, und ich werde jetzt nicht antreten im Landtag, um als Gegenpol zu einer rot-rot-grünen Zusammenarbeit zur Verfügung zu stehen.“

Rüttgers Rückzug wurde der „Welt am Sonntag“ zufolge bereits am Freitagabend in einer Sitzung des geschäftsführenden Landesvorstandes und der CDU-Sondierungskommission vorbereitet. Dort habe er noch Bereitschaft durchblicken lassen, gegen Kraft anzutreten und auch den Fraktionsvorsitz zu übernehmen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer. Das sei aber auf kollektive Ablehnung gestoßen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete Rüttgers Entscheidung als „konsequent“. Sein Verzicht auf eine Kandidatur gegen Kraft verdiene Respekt. Der Christdemokrat wolle sich offenbar die „erwartbare Demütigung ersparen, am Ende nicht alle Stimmen seiner eigenen und heillos zerstrittenen CDU zu bekommen“. Falls es bei der Linken Mitglieder gebe, die den „altstalinistischen und antiparlamentarischen Kurs ihrer Parteiführung in Nordrhein-Westfalen nicht mitmachen wollen, sind sie herzlich willkommen“, sagte er der „WamS“. Auch Stimmen für Kraft aus den Reihen der CDU und FDP schloss er nicht aus.

Vor allem auf die Hilfe der FDP bei Abstimmungen im Landtag setzt auch Kraft, wie sie im „Spiegel“ sagte. „Auf mittlere Sicht schließe ich nicht aus, dass wir auch bei den Liberalen Unterstützung finden können.“ Nichts sei im Moment unmöglich, es sei unglaublich viel in Bewegung.

Die FDP erteilte ihr allerdings direkt eine Absage. Landeschef Andreas Pinkwart erklärte im „Focus“, er wolle nicht der Hilfsmotor für Rot-Rot-Grün sein. Der „Welt am Sonntag“ sagte er, mit der Wahl einer rot-grünen Minderheitsregierung gehe die FDP, inhaltlich wie personell, ohne Wenn und Aber in die Opposition. „Es ist absurd zu glauben, wir würden diesen Linksruck in NRW auch noch unterstützen.“

Gespräche zwischen SPD und Grünen beginnen am Dienstag

Gespräche zwischen SPD und Grünen über die Bildung einer Minderheitsregierung sollen am Dienstag beginnen. Der Landesparteitag der Grünen und der Landesparteirat der SPD gaben der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen am Sonnabend grünes Licht. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezichtigte die SPD unterdessen der Wahllüge. Nach Hessen erlebe man nun zum zweiten Mal, dass Versprechungen vor Landtagswahlen danach überhaupt keine Gültigkeit mehr hätten, sagte sie in Berlin. Kraft habe noch im März eine Tolerierung durch die Linke ausgeschlossen.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz vertrat dagegen die Ansicht, dass die benötigte stillschweigende Duldung durch die Linke der SPD nicht schaden werde. Die Sozialdemokraten hätten nach Thüringen nun auch in Nordrhein-Westfalen ein mögliches Regierungsbündnis mit der Linken ausgeschlagen, wird Scholz in den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ zitiert. Das sei sicher ein Beitrag zum Gewinn politischen Vertrauens.