Der Baron, die Hotels und die Liberalen: FDP-Chef Guido Westerwelle wehrt sich gegen den Vorwurf der Käuflichkeit.

Berlin. Der FDP-Chef ging zum Gegenangriff über. „Manche Vorwürfe der SPD sind so absurd, dass sie sich selbst richten“, empörte sich Guido Westerwelle über den Oppositions-Vorwurf der Käuflichkeit. Der Wirbel, den die Millionen-Spende eines Hotel-Unternehmers in die FDP-Kassen ausgelöst hat, brachte auch andere in Rage. Die SPD habe schließlich selbst Geld aus der Autoindustrie angenommen und sich danach für die Abwrackprämie stark gemacht, schoss FDP-Generalsekretär Christian Lindner zurück.

Doch die Debatte über die großzügige Geldzuwendung aus dem Firmenimperium des Milliardärs August von Finck ist den Liberalen spürbar peinlich. Zu frisch ist noch die Erinnerung daran, dass sie gemeinsam mit der CSU in den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen Mehrwertsteuer-Rabatte für die Hotellobby durchgedrückt haben, der die Steuerzahler nun teuer zu stehen kommt.

Auch die Opposition hat bislang keine Belege vorgelegt, dass die beiden Parteien mit dem schwerreichen Familienclan, der in Deutschland unter anderem 14 Mövenpick-Hotels betreibt, einen anrüchigen Deal nach dem Muster „Spende gegen politische Gefälligkeit“ abgeschlossen hat. Solche gerichtsfesten Beweise sind kaum zu erwarten. Doch ein Nachgeschmack bleibt wohl zurück. Nach dem deutschen Parteiengesetz sind Geldzuwendungen ausdrücklich verboten, „die erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen politischen Vorteils gewährt werden“.

Besonders die FDP sieht sich mit dem Klientel-Vorwurf konfrontiert. In drei Tranchen hatte die in Düsseldorf ansässige, weitgehend unbekannte Substantia AG des schwerreichen Barons seit Ende 2008 insgesamt 1,1 Millionen Euro an die Freien Demokraten überwiesen. Die von Finck kontrollierte Mövenpick-Gruppe mit Sitz im Schweizer Zug hatte schon früher mit besonderen Verbindungen zur Politik auf sich aufmerksam gemacht.

So hatte ein Konzern-Manager laut Presseberichten mitgeholfen, den jetzt in Augsburg angeklagten Ex-Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber gegen Kaution aus der Haft in Kanada zu holen. Auch die CSU profitierte von der Großzügigkeit der Finck-Familie. Kurz vor der Landtagswahl 2008 überwiesen zwei weithin unbekannte Münchner Firmen, hinter denen ebenfalls der Milliardärs-Clan steckte, an einem Tag 820 000 Euro auf das CSU-Konto.

Was die Spendenfreude angeht, kann sich insbesondere die in den zurückliegenden Jahren finanziell meist klamme FDP über die wachsende Wertschätzung in der Wirtschaft – und dabei vor allem der Finanzbrache – nicht beklagen. Rund elf Millionen Euro an Großspenden verbuchten alle im Bundestag sitzenden Parteien in der vergangenen Wahlperiode. Beträge über 50 000 Euro müssen laut Gesetz „zeitnah“ vom Bundestag veröffentlicht werden. Nur die Linkspartei ging leer aus. Mehr als die Hälfte aller Großspenden flossen an CDU und CSU, gefolgt von der FDP. Zu den namhaftesten CDU-Gebern zählte die Industriellen-Familie Quandt.

Im Vergleich dazu bescheiden musste sich die damals noch im Bund mitregierende SPD. Nur von der Ruhrkohle AG und ihrer Nachfolgefirma Evonik wurden die Genossen bei Spenden bevorzugt. Andere Konzerne wollten es sich mit keiner Seite verderben und verteilten die Zuwendungen nicht selten gleichmäßig auf Union, FDP und SPD. Der Autohersteller BMW steuerte etwa eine Million Euro bei, allerdings fast nur in Form der kostenlosen Überlassung ihrer Limousinen für Spitzenpolitiker. Als einzige Firma bedachte die Allianz auch die Grünen mit einer Geldspritze.

Noch in der Opposition verdienten FDP-Spitzenpolitiker manchen Euro in der Wirtschaft hinzu, was in der Regierung jetzt so nicht mehr möglich ist. Der neue FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle war laut Bundestagshandbuch etwa in der letzten Wahlperiode als Berater für den Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft aktiv. Diese Tätigkeit wurde monatlich mit Einkünften zwischen 1000 und 3500 Euro (Stufe 1 der vorgeschrieben Angaben für Abgeordnete) entlohnt.

Und Westerwelle muss als Außenminister in puncto Nebenverdiensten wohl Abstriche machen. Auf 29 Vorträge vor Wirtschaftsführern diverser Branchen kam der FDP-Chef in der letzten Wahlperiode. Mindestens 7000 Euro (Stufe 3 der Abgeordnete-Skala) je Auftritt wurden dafür fällig, was sich in den vier Jahren auf über 200 000 Euro an Einnahmen summierte.

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat angesichts der Millionenspende einer Hotelkette an die FDP eine Höchstgrenze für Parteispenden von 50 000 Euro pro Jahr und Unternehmen oder Person gefordert. Eine Obergrenze würde den Debatten über den unlauteren Einfluss von Großspenden die Grundlage entziehen, erklärte Transparency-Vorstandsmitglied Jochen Bäumel am Montag in Berlin. (dpa/epd/abendblatt.de)