Wer im Parlament sitzt, kann Hunderttausende neben der Diät kassieren. Lesen Sie, wer zusätzlich zum Mandat das meiste Geld einstreicht.

Hamburg/Neunkirchen. Man zählt und zählt – und kommt aus dem Staunen überhaupt nicht mehr heraus: Schon wieder haben sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit Nebeneinkünfte einen Rekordzusatzverdienst eingehandelt. Nach einer Untersuchung der Personalberatung deducto aus Neunkirchen kassierten nur 131 Bundestagsabgeordnete in den ersten vier Monaten 2009 bereits 5,7 Millionen Euro. Das sind bereits 84 Prozent der gesamten Nebeneinkünfte aus 2008.

Wahljahr ist Zahljahr für die eigene Kasse außerhalb der Diät. Damit haben 131 nebenverdienstfreudige Abgeordnete bereits in vier Monaten das Niveau des gesamten Jahres 2007 erreicht, seitdem sie alle Nebeneinnahmen offenlegen müssen.

In drei Stufen geben die Parlamentarier ihre Zusatz-Euros an: Stufe 1 sind Einkünfte von 1000 bis 3500 Euro. In Stufe 2 stehen die messbaren Nebenverdienste bis 7000 Euro. Bei Stufe 3 ist alles gesammelt, was ab 7001 Euro aufwärts einkassiert wird. Der Clou dabei: Die Stufen gelten für monatliche wie für jährliche Einkünfte. Das bedeutet, dass sich hinter diesen Zwangsangaben deutlich höhere Summen verstecken können als man vermutet.

Zu den Spitzennebenverdienern zählt Friedrich Merz (CDU), der im September den Bundestag verlässt. Konservativ geschätzt, wie sich das bei dem Wirtschafts- und Finanzfachmann gehört, hat der in innerer Emigration von seiner Kanzlerin lebende Parlamentarier Merz in den vergangenen Jahren mindestens 100 000 Euro nebenher verdient.

Es dürfte aber deutlich mehr gewesen sein, weil der Rechtsanwalt für einzelne Mandate nur die Stufe (ab 7001 Euro Nebenverdienst) angeben muss. Merz hielt auch viele gut dotierte Vorträge, unter anderem bei der Firma Egon Zehnder in Hamburg, bei der Unternehmensberatung KPMG, er kassiert als Aufsichtsratsmitglied von Versicherungen und Unternehmen. Ehrenamtlich ist seine Arbeit für den Bundesligaverein Borussia Dortmund.

Einer der honorigsten wie am besten honorierten Bundestagsabgeordneten ist der frühere Arbeitsminister Walter Riester (SPD). Er darf die nach ihm benannte private Altersvorsorge loben, redete quasi bei allen Versicherungen und Anlageunternehmen für die Altersvorsorge, die man sich denken kann: 45-mal Stufe 3, bedeuten mindestens 315 000 Euro in drei Jahren an Nebeneinnahmen. Sein Parteifreund Otto Schily musste bekanntlich per Ordnungsgeld gezwungen werden, seine Nebeneinkünfte zu veröffentlichen. Nur achtmal mindestens 7001 Euro stehen für ihn zu Buche. Aber da sollte man wegen prominenter Mandate des Rechtsanwalts (u.a. Daimler) nicht konservativ kalkulieren und nur von kümmerlichen 56 000 Euro ausgehen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gibt in der Öffentlichkeit den Rächer der Patienten und beschimpft gerne Ärzte. Der Professor mit der Fliege und ehemalige Intimus von Ministerin Ulla Schmidt strich in drei Jahren neben seiner Diät mindestens 70 000 Euro ein. Die bekam der Aufsichtsrat der privaten Rhön-Kliniken auch für die Beratung der AOK und der Barmer Krankenkasse und verschiedener anderer Kliniken.

FDP-Chef Guido Westerwelle strich in drei Jahren mindestens 245 000 Euro nebenbei ein. Er hielt Vorträge, darunter für eine Firma, die – vermutlich gelbe – Fertighäuser baut.

Auch Gregor Gysi (Linke) ließ sich nicht lumpen und hatte viele Mandate. Die allerdings waren nicht immer mit 7000 Euro vergolten. Nur einmal erhielt er über 7000 Euro: für eine Podiumsdiskussion bei der DZ Bank. Doch er hatte bis Ende 2008 ein zusätzliches Monatseinkommen zwischen 1000 und 3500 Euro für seine Arbeit bei der „Super Illu“.

Einer der Bessernebenverdiener dürfte auch Heinz Riesenhuber (CDU) sein, der ehemalige Forschungsminister. 15-mal Stufe 3 bedeuteten mindestens 105 000 Euro nebenher.

Die mutmaßliche Spitzenverdienerin des Bundestages bei den Nebeneinkünften könnte die SPD-Abgeordnete Anette Kramme sein, die als Rechtsanwältin in Bayreuth alle Mandate auflisten musste. In drei Jahren stehen bei ihr zwar nur 19-mal über 7000 Euro zu Buche. Doch 220-mal kassierte sie in den Stufen 1 und 2. Nach vorsichtiger Annahme dürfte sie dabei seit Beginn der Legislaturperiode weit über 500 000 Euro an Nebeneinkünften haben.

Schmal sieht dagegen das Budget von Angela Merkel aus. Unter „Nebeneinkünften“ wird bei der Abgeordneten aus Mecklenburg folgender Eintrag der Stufe 3 geführt: Bundeskanzlerin, Berlin, monatlich Stufe 3. In der Übersetzung heißt das: Merkel verdient etwa 16 000 Euro im Monat. Davon kann man auch zweimal am Tag warm essen.