Gerhard Bökel ist vom SPD-Fraktionsvorsitz und seinem Posten als Chef der Hessen-SPD zurückgetreten

Wiesbaden. Nach erdrutschartigen Verlusten von 10,2 Prozent im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl - so eine der ersten Hochrechnungen - erklärte der hessische Spitzenkandidat Gerhard Bökel seinen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz und seinem Posten als Chef der Hessen-SPD. Der 56 Jahre alte Jurist erklärte, die Bundespolitik habe im Wahlkampf eine entscheidende Rolle gespielt. Er wolle "mit Anstand" verlieren und ziehe deshalb die nötigen Konsequenzen aus der Wahlschlappe. Bökels Image - der SPD-Politiker gilt als sympathisch und ehrlich, aber blass - hatte im Wahlkampf zwar an Kontur gewonnen, seine Bekanntheitswerte legten etwas zu. Aber das war offensichtlich zu wenig. Dabei ist der am 30. Juni 1946 in einem kleinen nordhessischen Dorf geborene Bökel seit Jahren in der Landespolitik fest etabliert. Nach dem Abitur in Darmstadt und dem Jura-Studium in Gießen arbeitete er seit den 70er Jahren als Anwalt in Mittelhessen und engagierte sich in der Kommunalpolitik. 1978 zog Bökel zum ersten Mal in den Landtag ein. Als er 1985 zum Landrat des Lahn-Dill-Kreises gewählt wurde, schied er aus dem Landesparlament wieder aus. Der damalige Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) holte Bökel im Sommer 1994 als Innenminister in sein Kabinett und damit in die Landespolitik zurück. Dieses Amt übte Bökel auch nach der Landtagswahl vom 19. Februar 1995 weiter aus. Zwei Jahre nach der überraschenden Wahlniederlage der rot-grünen Landesregierung 1999 setzte sich Bökel parteiintern an die Spitze, allerdings nicht ohne Widerstände. Seit Juni 2001 war der Vater von drei Kindern Vorsitzender der hessischen Sozialdemokraten und der SPD-Landtagsfraktion. Von der "größten Krise der SPD" sprechen nicht wenige in der Partei nach Bökels Rücktritt. Einen regelrechten Kronprinz hat die Partei nicht zu bieten. Und die Personaldecke der hessischen SPD ist dünn. Zwei mögliche Kandidaten - der nordhessische Parteichef und Parlamentarische Geschäftsführer Manfred Schaub sowie Landesgeschäftsführer Jürgen Walter - werden für das schlechte Abschneiden der Partei mitverantwortlich gemacht. Manche Beobachter tippen am ehesten auf den früheren Landtagsfraktionschef und Ex-Wirtschaftsminister Lothar Klemm als Fraktionsvorsitzenden und den Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke als künftigen SPD-Parteivorsitzenden und Spitzenkandidaten.