Mit dem anstehenden Regierungswechsel in Niedersachsen hat es nach dem Zweiten Weltkrieg in Bund und Ländern mehr als 40 Machtwechsel gegeben

Hannover/Wiesbaden. Drei Bundeskanzler und zahlreiche Ministerpräsidenten in allen westlichen Bundesländern außer Bremen und die Regierungschefs von zwei ostdeutschen Ländern mussten ihr Amt an einen Nachfolger mit anderer Parteizugehörigkeit abtreten. Nach der Niederlage vom Sonntag muss Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) nun den Regierungssessel für seinen Herausforderer Christian Wulff (CDU) frei machen. Die letzten Wechsel gab es im Mai 2002 in Sachsen-Anhalt, 2001 in Berlin und Hamburg, 1999 in Hessen und im Saarland und 1998 im Bund und in Mecklenburg-Vorpommern. Vor 1998 hatte es vier Jahre lang keine Verschiebungen dieser Art gegeben. Große Stimmengewinne der CDU und entsprechende Verluste der SPD führten im Mai 2002 zur Bildung einer CDU/FDP-Regierung unter Wolfgang Böhmer in Sachsen-Anhalt. In Berlin übernahm Klaus Wowereit (SPD) 2001 während der Legislaturperiode das Bürgermeisteramt von dem mit einem Misstrauensantrag gestürzten Regierungschef Eberhard Diepgen (CDU). In Hamburg löste ein CDU-geführter Mitte-Rechts-Block 2001 die seit über 40 Jahren allein oder in Koalitionen regierende SPD ab. In Hessen trat Roland Koch (CDU) 1999 an die Stelle von Hans Eichel (SPD). An der Saar beendete Peter Müller (CDU) die fast 15-jährige Herrschaft der SPD. Harald Ringstorff (SPD) drängte 1998 im Bündnis mit der SED-Nachfolgepartei PDS den Schweriner Ministerpräsidenten Berndt Seite (CDU) aus dem Amt. In Bonn löste Gerhard Schröder (SPD) 1998 mit Hilfe der Grünen Helmut Kohl (CDU) nach dessen 16-jähriger Kanzlerschaft ab. Berlin war mit dem Wechsel von Eberhard Diepgen (CDU) zu Klaus Wowereit (SPD) im Juni 2001 zum sechsten Mal betroffen. Niedersachsen kann nun fünf derartige Wechsel aufweisen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, das Saarland und Hamburg vier und Schleswig-Holstein drei. Baden-Württembergs Nachkriegsgeschichte verzeichnet nur einen Fall. Schließt man die Bildung großer Koalitionen aus, so war der Machtwechsel nun insgesamt 16 Mal auf Grund des Wahlergebnisses zwingend, weil es für die politischen Akteure keine Alternative bot. Nicht zwingend war der Machtwechsel 1990 in Berlin. Rein rechnerisch hätte die Union von der Verantwortung fern gehalten werden können. Dazu wäre allerdings die Hilfe der damals noch diskreditierten PDS erforderlich gewesen. Im Juni 2001 jedoch nahm die SPD jedoch das Koalitionsangebot der PDS für einen Führungswechsel in Anspruch.