Die Debatte geht weiter: Hamburg lässt nach den Worten ihres Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) eine Verfassungsklage prüfen.

Düsseldorf. Die Diskussion um das Betreuungsgeld geht auch nach dem Beschluss des Bundeskabinetts zu dessen Einführung weiter. Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), macht weiter verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek fordert, die Leistung allen Eltern mit Kleinkindern zu gewähren. Eine Umfrage ergab derweil, dass sieben von zehn Deutschen das Betreuungsgeld ablehnen.

Die FDP-Politikerin Laurisch sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe): „Ich bin beim Betreuungsgeld skeptisch, ob der Bund aus verfassungsrechtlicher Sicht dafür überhaupt zuständig ist.“ Zudem sei bislang nicht die Frage beantwortet worden, „was eigentlich der Zweck des Betreuungsgeldes ist“. Sie behalte sich vor, dem Gesetz nicht zuzustimmen.

+++ Olaf Scholz will das Betreuungsgeld stoppen +++

+++ Streit ums Betreuungsgeld geht weiter +++

+++ Umfrage: Die Mehrheit lehnt "Herdprämie" ab +++

Nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Jarzombek darf die Zahlung des Betreuungsgeldes nicht davon abhängen, ob die Eltern arbeiten. „Die 150 Euro pro Monat müssen alle Familien mit Kleinkindern bekommen, unabhängig davon, ob sie eine öffentlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen“, sagte er der Zeitung. Es sei nicht zu verstehen, dass eine arbeitende Mutter mit geringem Einkommen das Betreuungsgeld nicht erhalten solle: „Wer sein Kind 20 Stunden statt 24 Stunden am Tag betreut, erbringt auch eine anerkennenswerte Erziehungsleistung.“

Das Land Hamburg lässt nach den Worten ihres Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) eine Verfassungsklage prüfen. „Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass der Bund für das Betreuungsgeld keine Gesetzgebungskompetenz hat“, sagte Scholz dem „Hamburger Abendblatt“ (Donnerstagsausgabe). Diese existiere nur, wenn es Bedarf für eine bundeseinheitliche Regelung gibt. Es gebe jedoch keine Begründung für eine Regelung durch den Bund, wenn es in einem Bundesland, in Thüringen, bereits ein Betreuungsgeld gebe.

Nach einer am Mittwochabend in Köln veröffentlichten Umfrage des Instituts Infratest dimap im Auftrag der ARD lehnen 69 Prozent der Deutschen das Betreuungsgeld ab. Unterstützt wird die Idee von 29 Prozent. Wenn sie ein Kind unter drei Jahren hätten, würden es 68 Prozent der Befragten eher in einer Kindertagesstätte schicken. Auf einen Kita-Platz verzichten und dafür Betreuungsgeld in Anspruch nehmen würde der Umfrage zufolge jeder Vierte. Das Institut befragte am Montag und Dienstag 1.001 Wahlberechtigte telefonisch.

Der Bundeskabinett hatte die Einführung des Betreuungsgeldes am Mittwoch ungeachtet anhaltender Proteste beschlossen. Eltern, die ihr Kleinkind nicht in eine staatlich geförderte Kindertagesstätte oder zu einer Tagesmutter geben, erhalten demnach von 2013 an 100 Euro für einjährige Kinder und ab 2014 monatlich 150 Euro für ein- und zweijährige Kinder.

Die Opposition kritisierte die Zustimmung der FDP-Spitze als parteipolitischen Handel. Das Kabinett hatte zusammen mit dem von der CSU durchgeboxten Betreuungsgeld die Förderung der privaten Pflegevorsorge verabschiedet, die ein Anliegen der Liberalen war. Das Gesetz zum Betreuungsgeld soll noch vor der Sommerpause den Bundestag passieren.

Die Kritiker fordern vor allem, das Geld in den Kita-Ausbau zu investieren. Ab August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ihre Kinder unter drei Jahren. Nach Angaben des Familienministeriums fehlen derzeit noch 160.000 Plätze, um den geschätzten Bedarf zu decken. (epd)