Während der Wächterrat einen Lösungsvorschlag zur Beilegung des Konflikts um einen möglichen Wahlbetrug macht, kritisiert Mahmud Ahmadinedschad die Einmischung des Westen in Irans Politik.

Teheran/Washington. Ungeachtet aller Proteste und Vorwürfe der Wahlfälschung schlägt der umstrittene iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad wieder scharfe Töne gegen den Westen an. „Ohne jeden Zweifel wird die neue iranische Regierung dem Westen entschiedener und machtvoller begegnen“, warnte Ahmadinedschad laut staatlicher Nachrichtenagentur IRNA. Mit Blick auf internationale Kritik fügte er hinzu: „Diesmal wird die iranische Nation entschieden und klar antworten, so dass ihr (der Westen) beschämt seid und bereut.“ US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten am vergangenen Freitagabend nach einem Treffen in Washington die demokratischen Rechte der Iraner und die Notwendigkeit zur Beendigung der iranischen Nuklearpläne betont.

Nach Massenprotesten und blutigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mit mindestens 25 Toten machte der Wächterrat einen Lösungsvorschlag zur Beilegung des Konflikts. Demnach soll ein Sonderkomitee gebildet werden, um zehn Prozent der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni zu überprüfen.

Das Angebot des Wächterrats sei ein Novum in der Geschichte der Islamischen Republik, sagte der Sprecher des Gremiums, Abbas Ali Kadkhodaei. Bisher habe der Wächterrat niemals eine Einmischung von außen zugelassen. Zu den Überprüfungen sollen erstmals auch Medien zugelassen werden. Der Wächterrat rief Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und den anderen unterlegenen Kandidaten, Mehdi Karrubi, auf, ihre Vertreter für das Komitee innerhalb von 24 Stunden zu benennen.

Ahmadinedschad betonte weiter, US-Präsident Obama und Führer europäischer Länder hätten die iranische Nation beleidigt, weil sie sich in innere Angelegenheiten der islamischen Republik eingemischt hätten. Dabei verglich er Obama mit dessen Vorgänger George W. Bush. Die Weltmächte sollten zu ihren eigenen Grenzen zurückkehren, mit der Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten aufhören und ihr Ansehen nicht beschädigen, indem sie mit „imperialistischer und arroganter Rhetorik“ zur Welt sprächen, sagte Ahmadinedschad.

Beobachter in Teheran gingen davon aus, dass Ahmadinedschad mit seiner Warnung an den Westen deutlich machen wollte, dass die Kompromissbereitschaft Teherans bei Streitthemen wie dem iranischen Atomprogramm oder der Nahostpolitik geringer sein werde als je zuvor. Auch zwei Wochen nach dem Votum wurde Ahmadinedschads Wiederwahl aber noch nicht offiziell bestätigt.

Viele Menschen im Iran haben Zweifel, ob Abstimmung und Auszählung korrekt verliefen. Ähnlich soll es auch im Parlament aussehen, das im kommenden Monat Ahmadinedschads neues Kabinett billigen soll. Nach Informationen der Zeitung „Etemad Melli“ werden mindestens vier Minister der jetzigen Regierung, darunter der Ressortchef für Verteidigung, höchstwahrscheinlich nicht mehr dem neuen Kabinett angehören. Ob es die eigene Entscheidung der Minister war oder ob Ahmadinedschad sie nicht mehr will, war unklar.

Mussawi hatte ein unabhängiges Gremium zur Überprüfung der Wahlergebnisse gefordert. Er und andere Oppositionsgruppen argumentieren, dass der Wächterrat weder qualifiziert noch hinreichend unparteiisch sei, um die Wahlergebnisse zu überprüfen, da die meisten seiner zwölf Mitglieder Unterstützer von Ahmadinedschad seien.

Zu dem Mitgliedern des Sonderkomitees sollen der frühere Außenminister Ali-Akhbar Velajati, der den obersten iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei berät, sowie der frühere Parlamentspräsident Gholam-Hussein Hadad-Adel gehören. Er ist ein Unterstützer von Ahmadinedschad und hatte Mussawi in den vergangenen Tagen kritisiert.

Auf seiner Webseite teilte Mussawi mit, dass er das Innenministerium um Erlaubnis bitten wolle, einen friedlichen Trauermarsch für die Opfer der Zusammenstöße zu organisieren. Bis zuletzt waren Kundgebungen der Opposition im Iran verboten.

Das Außenministerium in Teheran bestellte am Freitagabend den schwedischen Botschafter ein und übergab ihm eine Protestnote. Darin werden Proteste von Exil-Iranern in der schwedischen Hauptstadt Stockholm als „terroristische Angriffe durch konterrevolutionäre Elemente“ verurteilt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA. Exil-Iraner hatten am Freitag die Botschaft ihres Heimatlandes in Stockholm gestürmt und sich Schlägereien mit dem Personal geliefert. Nach Angaben der schwedischen Polizei wurden bei der Räumung der Botschaft zwei Beteiligte festgenommen.