Mehr als 3000 Menschen haben in Hamburg gegen die umstrittene Wiederwahl des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad protestiert. Mit grünen Bändern, Rosen und Fotos von verletzten Demonstranten aus ihrer Heimat zogen die Exiliraner am Sonnabend vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt.

Hamburg. - Auf zahlreichen Schildern und Transparenten war unter anderem "Wir fordern Neuwahlen", "Nieder mit dem Diktator" oder "Schaut nicht weg - im Iran sterben Menschen" zu lesen. Nach Angaben der Polizei verlief der Protestzug sowie die anschließende Abschlusskundgebung auf dem Gänsemarkt "sehr friedlich".

Hamburg beherbergt nach London die zweitgrößte iranische Gemeinde in Europa. Wie viele Iraner und Deutsche iranischer Abstammung aber genau in der Hansestadt leben, ist nicht bekannt. Insbesondere weil viele Iraner die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und in der Statistik so als Deutsche gezählt werden. Schätzungen gehen allerdings von 10 000 bis 25 000 Menschen mit iranischen Wurzeln aus.

Den ersten großen Zustrom aus dem Iran erlebte Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg: Viele Händler, insbesondere Teppichhändler, ließen sich rund um den Freihafen nieder. Sie bedienten die aufkommende Nachfrage nach Orientteppichen. Ähnlich den türkischen Gastarbeitern holten viele Händler ihre Familien nach, bauten das Handelsgeflecht weiter aus - Hamburg war eines der wichtigsten Zentren für den Teppichhandel weltweit.

Die wohl größte Welle iranischer Auswanderer erreichte Hamburg nach der iranischen Revolution 1978/79. Viele oppositionelle Iraner flüchteten vor den Repressalien der neuen Machthaber ins Ausland.

Einer der wichtigsten kulturellen und religiösen Orte der hier lebenden Iraner ist das Islamische Zentrum mit der Imam-Ali-Moschee an der Schönen Aussicht in Uhlenhorst. Sie wurde 1996 mit Unterstützung der obersten iranischen Geistlichkeit errichtet und nach der iranischen Revolution von Teheran finanziell unterstützt. Viele hochrangige iranische Theologen lehrten hier, darunter auch der spätere iranische Staatspräsident Mohammed Chatami. Die Moschee wird wegen antidemokratischer Tendenzen vom Verfassungsschutz beobachtet.

Die Ereignisse im Iran werden von vielen iranischstämmigen Hamburgern mit Besorgnis beobachtet. Danial Ilkhanipour, Eimsbüttler Direktkandidat der SPD für den Bundestag und Sohn einer iranischen Einwandererfamilie, sagt: "Auch die Politiker im Iran haben dem Volk zu dienen; wer Gewalt einsetzt, richtet sich selber." Offiziell wollen sich viele Iraner aus Angst um ihre Verwandten nicht in den Medien äußern: "Unsere Verwandten sprechen nie über die Ereignisse am Telefon. Sie sagen: 'Alles gut, alles gut.' Dann wechseln sie das Thema", sagt ein iranischstämmiger Deutscher dem Abendblatt. Aktuelle Nachrichten würden vor allem über Twitter verbreitet, allerdings sei der Wahrheitsgehalt fraglich. Der Protest ist unerwartet gut organisiert, erklärt ein Iraner. Das habe das Regime unterschätzt. "Wenn man die Bilder sich vor Augen ruft kann man mit einer Art Revolution rechnen."