Nach eine Woche voll von Manipulationsvorwürfen und Massenprotesten hat der oberste geistliche Führer im Iran, Ayatollah Ali Chamenei, sich am Freitag ganz klar auf die Seite von Präsident Mahmud Ahmadinedschad gestellt.

Teheran. - In einer Rede beim Freitagsgebet in der Teheraner Universität bezog Chamenei die Opposition lobend ein, drohte aber den Demonstranten und betonte zugleich, es habe keine Wahlfälschungen gegeben: "So etwas gibt es in unserem System nicht." Die Gegenkandidaten, einschließlich Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi, dürften zwar Protest einlegen und bei den Untersuchungen dabei sein, "auch einige Urnen nachzählen", aber alles über legale Kanäle. Diese sind das Innenministerium und der Wächterrat - beide stehen Präsident Mahmud Ahmadinedschad nahe.

"Straßendemonstrationen müssen gestoppt werden, von solchen Initiativen lässt sich das System nicht einschüchtern", fuhr Chamenei fort. An die Adresse des angeblich unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir Hussein Mussawi sagte er, politische Entscheidungen würden an den Urnen fallen und nicht auf der Straße. "Warum haben wir denn sonst gewählt?", fragte Chamenei.

Er rief beide Seiten auf, der Gewalt ein Ende zu bereiten. Die Demonstrationen dienten nur den Feinden der Republik, sagte der Ayatollah, der laut Verfassung bei allen politischen Entscheidungen das letzte Wort hat. Ahmadinedschad saß beim Freitagsgebet in der ersten Reihe.

Chamenei dementierte kategorisch, dass die jetzige Situation im Land ein Machtkampf ums islamische System sei. "Das ist absurd, da alle vier Kandidaten unumstrittener Teil des Systems sind", so Chamenei. Auch Mussawi sei ein loyaler Vertreter des Staates, er habe seit Jahren gut mit ihm zusammengearbeitet. Unterschiede zwischen den Kandidaten gebe es nur in ihren Programmen und Ansichten. Medien, die "zum Feind, zu den Zionisten" gehörten, hätten dies falsch dargestellt.

Die für diesen Sonnabend beantragte Massendemonstration, zu der Mussawis Anhänger aufgerufen hatten und an der neben Mussawi auch Ex-Präsident Mohammed Chatami teilnehmen wollte, wurde Freitagnachmittag von den iranischen Behörden verboten. Das bestätigte der Gouverneur von Teheran der amtlichen Nachrichtenagentur Isna.

Mussawi selbst bekräftigte, die Demonstranten wollten nur ihr legitimes Recht und die Wahlfälschung nicht akzeptieren. Eine Überprüfung der Wahlen durch Gremien, die Ahmadinedschad nahe stehen, sei deshalb inakzeptabel. Die Wahl solle annulliert werden und Neuwahlen folgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte am Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel und bezeichnete Chameneis Rede als "eher enttäuschend". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, die Rede "hat die Erwartungen nicht gefüllt ... ich bin mir sicher, auch nicht die Hoffnungen und Erwartungen des iranischen Volkes. Das wird nicht ausreichen nach meiner Überzeugung, die Lage im Iran zu beruhigen und Eskalationen zu vermeiden." Der EU-Rat forderte von Irans Regierung, die freie Presse-Berichterstattung wieder zuzulassen. Inzwischen sind zahlreiche Reformpolitiker verhaftet worden, darunter viele ehemalige Mitarbeiter des Reformpräsidenten Mohammed Chatami, ein früherer Vizepräsident, ehemalige Minister und Gouverneure sowie Abgeordnete. Praktisch die gesamte Spitze der Oppositionsparteien "Partizipationsfront des islamischen Iran" und der "Freiheitsbewegung" sind hinter Gittern. Amnesty International geht davon aus, dass bei den Massenprotesten im Iran 15 Menschen getötet wurden. Nach bisherigen offiziellen iranischen Angaben wurden sieben Menschen getötet.