Enger Assad-Vertrauter erliegt am Freitag seinen Verletzungen. Uno bemüht sich um Verlängerung des Mandats für Beobachtermission.

Damaskus/Istanbul. Nach dem Ausbruch der Kämpfe in der Hauptstadt Damaskus verliert die syrische Staatsmacht offensichtlich immer mehr die Kontrolle. Rebellen überrannten nach eigenen Angaben vom Freitag drei Grenzposten zur Türkei. Mit 310 Toten war der Donnerstag der bislang blutigste Tag seit Beginn der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011, wie die Aufständischen mitteilten. Eine unabhängige Berichterstattung aus Syrien ist nur sehr schwer möglich.

Der regimetreue Chef der syrischen Nationalen Sicherheitsbehörde, Hischam Bachtiar, soll zwei Tage nach dem Anschlag auf den Krisenstab in Damaskus gestorben sein.

In New York wollte der UN-Sicherheitsrat nach dem Scheitern der jüngsten Syrien-Resolution noch am Fritag abstimmen, ob die Beobachtermission fortgesetzt werden soll.

Syrische Regierungstruppen versuchten, bewaffnete Aufständische aus einigen Vierteln in Damaskus und im Umland von Aleppo zu vertreiben, die diese am Vortag unter ihre Kontrolle gebracht hatten. In Damaskus seien am Morgen mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichteten Aktivisten. Zahlreiche Familien verbrachten die Nacht in Moscheen und Kirchen. Sie hatten dort am Vortag Zuflucht gesucht, weil es in der Umgebung ihrer Wohnungen Kämpfe gegeben hatte.

Die reguläre Armee löst sich nach Angaben der Opposition immer weiter auf. Schätzung von Regimegegnern, wonach inzwischen ein Drittel der Soldaten desertiert sein soll, ließen sich von unabhängiger Seite nicht bestätigen.

Das syrische Informationsministeriums wies Spekulationen zurück, Assad sei zum Rücktritt bereit. Zuvor hatte der russische Botschafter in Paris, Alexander Orlow, gesagt, Assad sei sich der Ausweglosigkeit seiner Lage bewusst. „Er hat akzeptiert, sich zurückzuziehen“, sagte Orlow dem Radiosender RFI. Voraussetzung sei geordneter Übergang.

Als Beleg für seine Einschätzung verwies Orlow auf die Genfer Syrien-Konferenz Ende des vergangenen Monats. Assad habe dort über seine Vertreter die Einwilligung zu einem politischen Übergangsprozess gegeben, sagte der Diplomat. Orlows Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, sagte ein russischer Außenamtssprecher später.

Nach dem Scheitern einer Syrien-Resolution wollte der Sicherheitsrat über die Fortsetzung der umstrittenen Beobachtermission abstimmen. Russland und China hatten mit einem Doppelveto die Resolution zu Fall gebracht, mit der dem syrischen Regime Sanktionen angedroht worden wären.

Nach den Worten der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, stehen die unbewaffneten UN-Beobachter auf verlorenem Posten. Dies gelte solange, wie es für die syrische Führung keine Konsequenzen hat, den Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan zu verletzen.

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Dieser Plan sieht eine Waffenruhe vor. Darüber hinaus soll sich die syrische Armee aus städtischen Kampfzonen zurückziehen. Beide Punkte wurden nicht erfüllt.

Der Auftrag der Beobachter, die im April für drei Monate nach Syrien geschickt worden waren, endete am Freitag. Der Leiter der Mission, General Robert Mood, hatte Syrien am Donnerstag verlassen. Die rund 300 Beobachter sollten eigentlich eine Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und bewaffneter Opposition überwachen.

Aktivisten kritisieren den Einsatz, weil Gewalt und Blutvergießen nicht sogar noch zugenommen hätten. Außerdem war die Bewegungsfreiheit der Beobachter stark eingeschränkt. Sie klagten gelegentlich über Behinderungen durch den Sicherheitsapparat. Oftmals war die Situation schlicht zu gefährlich, um unbewaffnet in ein Kampfgebiet zu fahren.

Ein Militäreinsatz der Nato unter UN-Mandat in Syrien kommt aus Sicht von Verteidigungsminister Thomas de Maizière weiterhin nicht in Frage. Derzeit sei man weit weg von einer Resolution der Vereinten Nationen, sagte der CDU-Politiker im ARD-„Morgenmagazin“. Außerdem wäre ein solcher Einsatz aus militärischer Sicht schwierig.

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Die UN-Vetomacht Großbritannien droht, das Assad-Regime auch ohne UN-Mandat mehr unter Druck zu setzen. „Wir werden alle mehr außerhalb des Sicherheitsrates tun und unsere Unterstützung für die syrische Opposition forcieren“, sagte der britische Außenminister William Hague am Freitag dem Radiosender BBC 4. Dabei bezeichnete er selbst Waffenlieferungen an die Rebellen als Möglichkeit für die Zukunft.