Spezialeinheiten des Innenministeriums wurden in Moskau zusammengezogen. Opposition sieht Aufmarsch als “Zeichen der Schwäche.“

Moskau. Massenproteste gegen den Wahlausgang bestimmen das Bild der russischen Hauptstadt Moskau - doch die russischen Machthaber greifen durch: Das Innenministerium hat nun Spezialeinheiten an strategisch wichtigen Punkten von Moskau zusammengezogen. Die Division „Felix Dserschinski“ soll, mit schwerer Technik ausgerüstet, die russische Bevölkerung vor „Provokationen“ schützen, sagte Oberst Wassili Pantschenkow, der Sprecher der Bereitschaftstruppen, nach Angaben der Agentur Interfax am Dienstag. Dutzende gepanzerte Mannschaftswagen seien am Parlamentsgebäude und entlang der Ausfallstraßen der Hauptstadt aufgefahren, berichteten besorgte Bürger im Internet Menschenrechtler und liberale Opposition kritisierten den Aufmarsch scharf. Russlands MInisterpräsident Putin kündigt derweil eine Kabinettsumbildung für nächstes Jahr an. Clinton und Westerwelle kritisieren die Russland-Wahl scharf.

+++Versprach Regierung kostenloses Essen für eine Stimme?+++

„Die Staatsmacht fürchtet den Zorn des Volkes nach dieser gefälschten Wahl“, kommentierte Sergej Mitrochin von der Partei Jabloko den Aufmarsch der Truppen. Er sei ein "Zeichen der Schwäche.“ Die Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa sprach von einer Panikreaktion der Behörden. „Wir wählen ein neues Parlament, und sie schicken Truppen.“ Bei Massenprotesten in Moskau waren am Vortag etwa 300 Demonstranten festgenommen worden. Der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin wurde in einem Eilverfahren am Dienstag zu 15 Tagen Arrest verurteilt.

Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden auch die Sicherheitskräfte in der Metropole in erhöhte Bereitschaft versetzt. „Zur Zeit finden täglich in Moskau mehrere Demonstrationen statt. Deswegen wurden die Kräfte zusammengezogen“, sagte er. Die nach dem Drahtzieher des kommunistischen Geheimdienstterrors benannte Division „Felix Dserschinski“ ist am Rand von Moskau stationiert.

Putin kündigt Kabinettsumbildung an

Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin hat unterdessen nach der für seine Partei enttäuschend ausgefallenen Parlamentswahl eine Kabinettsumbildung für das kommende Jahr angekündigt. Nach der Präsidentenwahl am 4. März müsse die Regierung personell erneuert werden, sagte Putin vor Mitgliedern seiner Partei Einiges Russland am Dienstag. Er versicherte zugleich, er werde Forderungen aus der Gesellschaft nach einer Modernisierung berücksichtigen. Putin tritt bei der Wahl zum Präsidenten selbst an.

Putins Partei hatte die Wahl zur Duma am Sonntag zwar für sich entschieden, ihre Zweidrittel-Mehrheit aber verloren. Zahlreiche Beobachter erhoben zudem Vorwürfe der Wahlmanipulationen, darunter US-Außenministerin Hillary Clinton und Bundesaußenminister Guido Westerwelle.

Die Abstimmung sei „weder frei noch gerecht“ gewesen, sagte Clinton am Dienstag in der litauischen Hauptstadt Vilnius. „Die russischen Wähler verdienen eine umfassende Untersuchung von Wahlbetrug und Wahlmanipulation“, so Clinton beim Treffen des Ministerrats der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Auch Westerwelle kritisierte den Wahlablauf: „Wir haben die Berichte der OSZE-Wahlbeobachter aus Russland mit Sorge zur Kenntnis genommen". Die Berichte „zeigen, dass die Russische Föderation bei der vollständigen Erfüllung aller OSZE-Standards noch eine Wegstrecke zu gehen hat“.

Clinton kritisierte zudem Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland. Westerwelle forderte Russland bei dem Ministertreffen auf, den Hinweisen auf massive Wahlfälschungen nachzugehen. Der ebenfalls anwesende russische Außenamtschef Sergej Lawrow äußerte sich nicht zu dem Wahlergebnis.

Die Zentrale Wahlkommission in Moskau wies die Vorwürfe zurück. Clinton solle sich lieber um die Wahlen in den USA kümmern, sagte Kommissionssprecher Nikolai Konkin nach Angaben der Agentur Interfax. Der Politologe Igor Borissow vom kremlnahen Russischen Öffentlichen Institut für Wahlrecht warf Clinton vor, sie wolle einen Keil in die russisch-amerikanischen Beziehungen treiben.

Mit Material von dpa/rtr