Tausende demonstrierten am Montag im Zentrum Moskaus gegen Putin und warfen den Behörden Wahlbetrug vor. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte am Rande der Afghanistankonferenz in Bonn, sie sei sehr besorgt.

Moskau. Mehrere tausend Menschen haben am Montagabend in Moskau gegen Ministerpräsident Wladimir Putin und die Regierungspartei Einiges Russland protestiert. Es war die größte Demonstration der Opposition seit Jahren. Die Polizei nahm einige Aktivisten fest. Mehrere hundert Demonstranten zogen danach zum Büro der Wahlkommission in der Nähe des Kremls. Sie wurden von der Polizei gestoppt und in Bussen weggefahren. Schätzungen zufolge beteiligten sich zwischen 5.000 und 10.000 Menschen an der Protestaktion. Sie riefen „Russland ohne Putin“. Einiges Russland hatte bei der Parlamentswahl am Sonntag rund 50 Prozent der Stimmen gewonnen. Beobachter gingen allerdings von Wahlmanipulation aus.

Auch mehr als 400 Anhänger der Kommunisten versammelten sich, um ihre Empörung über das Wahlergebnis auszudrücken. Die Kommunisten kamen mit rund 20 Prozent der Stimmen bei der Wahl auf Platz zwei. Sogar im Vergleich mit der Wahl 2007 seien die Manipulationen offensichtlich und dreist gewesen, sagte Jewgeni Doronin, ein Mitglied des Zentralkomitees der Partei.

Der liberale Oppositionspolitiker Boris Nemtsow sagte, mit der Wahl endeten Putins Flitterwochen mit der Volk. Seine Herrschaft werde bald wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Er müsse nun für eine ehrliche Präsidentschaftswahl im März sorgen und auch Oppositionskandidaten zulassen, wenn er nicht im ganzen Land ausgepfiffen werden wolle.

Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats kritisierten Unregelmäßigkeiten. Der Wahlkampf sei durch „begrenzten politischen Wettbewerb und einen Mangel an Fairness“ geprägt gewesen, erklärten die Beobachter. Bei der Stimmenauszählung seien Vorschriften verletzt worden. Zudem habe es Fälle von Manipulationen, darunter auch an Wahlurnen gegeben. Auch die Bundesregierung äußerte sich über die von den Beobachtern gemeldeten Unregelmäßigkeiten besorgt. Das zeuge von einem wenig souveränen Umgang mit der Demokratie, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Gleichwohl habe das russische Volk bei der Wahl von seiner Entscheidungsmöglichkeit Gebrauch gemacht.

Putin will sich im März nach vierjähriger Pause erneut zum russischen Präsidenten wählen lassen. Seine Wiederwahl scheint zwar nicht in Gefahr. Dennoch ist das Wahlergebnis ein Dämpfer: Einiges Russland kommt nur noch auf eine Mehrheit von 238 Stimmen im Parlament, in dem es insgesamt 450 Abgeordnete gibt. Damit muss das Bündnis 77 Sitze abgeben. Putin erklärte, die Partei verfüge immer noch über ausreichend Stimmen, um die Stabilität in Russland zu gewährleisten.

Zweitstärkste Kraft wurden die Kommunisten, gefolgt von der linksgerichteten Partei Gerechtes Russland und den Liberaldemokraten des Nationalisten Wladimir Schirinowski. Alle anderen Parteien verpassten den Einzug in die Duma. Wie Vertreter der an der Sperrklausel gescheiterten Parteien klagte Kommunistenchef Gennadi Sjuganow über Manipulationen. „Das war die schmutzigste Wahl, die das Land je erlebt hat.“ Putins Weg zurück in den Kreml dürfte im kommenden Jahr zumindest schwerer werden als erwartet. Viele Wähler sind wegen der Korruption unzufrieden und bezeichnen Putins Einiges Russland oft als Partei der Betrüger und Diebe. Viele beklagen zudem die Kluft zwischen Armen und Reichen in dem Land, das reich an Öl, Gas und anderen Bodenschätzen ist.

Es mehren sich zudem die Anzeichen, dass viele vor der Vorstellung zurückschrecken, Russland könnte für weitere zwölf Jahre von dem früheren Geheimdienstoffizier regiert werden könnte. Die Zukunft Medwedews, der Putin an der Spitze der Regierung folgen soll, ist indes ungewiss.