Die Ausschreitungen in Ägypten fordern weitere Opfer. In der vergangenen Nacht kamen auch im Norden des Landes Menschen ums Leben.

Kairo. Vor dem angekündigten "Millionen-Marsch" der Gegner in Ägypten ist es erneut zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Die Situation auf dem Tahrir-Platz beruhigt sich nicht. Nach Angaben staatlicher Medien kamen in der Nacht zum Dienstag auch im Norden des Landes Menschen ums Leben. Aus Solidarität mit den Aktivisten auf dem Kairoer Tahrir-Platz waren in Ismalia Bewohner der Stadt auf die Straße gegangen. Drei Menschen starben dort bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Im Zentrum der Hauptstadt wurden bei Krawallen am Morgen nach Angaben von Medizinern mindestens 20 Menschen verletzt. Einige seien sogar mit Gummigeschossen im Gesicht getroffen worden, hieß es. Ärzte haben eine provisorische Klinik in der Nähe des Tahrir-Platzes eingerichtet, um Demonstranten dort zu behandeln. Auch der Tränengas-Einsatz der Polizei hat laut Aktivisten zu Verletzungen geführt.

Ägyptisches Kabinett kapituliert vor neuer Gewaltwelle

Militärrat-Chef Tantawi ist für viele der neue Mubarak

Rund 38 Oppositionsgruppen haben für den Nachmittag zum Massenprotest aufgerufen. Zahlreiche Demonstranten waren aber schon am Morgen auf dem Tahrir-Platz, sie hatten dort übernachtet. Die Aktivisten wollen mit der Besetzung des riesigen Rondells in der Innenstadt den regierenden Militärrat zwingen, die Verantwortung jetzt an eine zivile Regierung zu übergeben. Sie fürchten, dass die Generäle dauerhaft an ihrer Macht festhalten wollen.

Die einflussreiche Muslimbruderschaft hat angekündigt, nicht an der Kundgebung teilzunehmen. Die Islamisten rechnen sich bei den am kommenden Montag beginnenden Parlamentswahlen gute Chancen aus. Doch wegen der Proteste wird immer wieder über eine Verschiebung des Urnengangs spekuliert. Gewählt wird in drei Phasen, daher wird sich der Prozess bis zum Januar hinziehen. Anschließend soll das Land eine neue Verfassung bekommen.

Die Übergangsregierung von Ministerpräsident Essam Scharaf hatte am Montagabend angesichts der Proteste ihren Rücktritt eingereicht. Der Militärrat unter Feldmarschall Muhammed Hussein Tantawi muss dies aber noch akzeptieren. Am späten Montagabend riefen die Generäle die politischen Parteien auf, gemeinsam über den Umgang mit der Krise zu beraten. Die Muslimbruderschaft sagte ihre Teilnahme an den Gesprächen inzwischen zu.

Bei den dreitägigen Protesten in Ägypten sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums 24 Menschen getötet und deutlich mehr als Tausend verletzt worden. Aktivisten sprechen von mindestens 33 Toten. Auch in der Hafenstadt Alexandria gingen Tausende Menschen in den vergangenen Tagen auf die Straße. Der Militärrat hat nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Husni Mubarak im Februar die Macht übernommen. Der Tahrir-Platz war damals zum Symbol des Arabischen Frühlings geworden. (dpa)