Bundesbeauftragter Roland Jahn: “Unsere Expertise ist gefragt“. Stasi-Unterlagenbehörde soll Ägypten bei der Aufarbeitung helfen.

Berlin. Seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak hat die Stasi-Unterlagenbehörde die Zusammenarbeit mit ägyptischen Bürgerrechtlern und Oppositionellen bei der Aufarbeitung der ägyptischen Staatssicherheit intensiviert. "Wir stellen unser Wissen und unsere Erfahrung den Ägyptern zur Verfügung. Das Land beginnt gerade erst mit seiner Aufarbeitung der Diktatur - und unsere Expertise ist gefragt", sagte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des DDR-Staatssicherheitsdienstes Roland Jahn dem Abendblatt.

Aus der Jahn-Behörde hieß es, ein ranghoher Mitarbeiter des Hauses sei bereits zweimal auf Einladung nach Kairo gereist. Zugleich seien bereits mehrere Gruppen aus Ägypten und dem arabischen Raum nach Berlin gekommen, um sich über die deutsche Aufarbeitung der Hinterlassenschaften der Stasi seit 1989 zu informieren. Zu den Besuchern in der Behörde gehörten unter anderem Politiker der neu gegründeten Partei der freien Ägypter und der Reform- und Entwicklungspartei. Auch Wissenschaftler, Journalisten und Kulturschaffende informierten sich in der Stasi-Unterlagenbehörde über die Geheimdienst-Aufarbeitung und die Archivarbeit.

Nach Ansicht Jahns ist das Interesse der ägyptischen Stellen an der deutschen Expertise ein klarer Beleg für eine beispielhafte Aufarbeitung der DDR und der Stasi. "Dass wir in so einem Fall helfen können, ist Ausweis der Qualität unserer Arbeit in den vergangenen 20 Jahren. Der Spagat zwischen Transparenz, also Einsicht in die Arbeit einer Geheimpolizei, und dem Schutz der Bespitzelten ist gut gelungen", sagte Jahn, der seit März die Behörde in Nachfolge von Joachim Gauck und Marianne Birthler leitet. "Es freut uns, wenn andere Länder unsere Art der Aufklärung und Aufarbeitung als vorbildlich betrachten", sagte er weiter.

Wie viele Mitarbeiter die ägyptische Staatssicherheit hatte, kann nur geschätzt werden. Anfang März waren Demonstranten in die Zentrale eingedrungen, um Akten zu sichern. Diese wurden danach der Armee übergeben. Unklar ist allerdings, wie viele Akten zuvor vernichtet worden waren. Noch Mitte März wurde die Behörde offiziell aufgelöst. Die Staatssicherheitspolizei wird für die jahrzehntelange brutale Verfolgung Oppositioneller in Ägypten verantwortlich gemacht.