Nach Schüssen in Kairo starben mindestens zehn Menschen. Hintergrund ist das angebliche Vorhaben einer Christin, zum Islam zu konvertieren.

Kairo. Bei schweren Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen sind in Kairo nach übereinstimmenden Angaben mindestens zehn Menschen getötet worden. Wie arabische Medien berichten, wurden im Armenviertel Imbaba weitere 180 Menschen verletzt. Die Behörden setzten Polizei und Militär ein, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. 190 Menschen sollen festgenommen worden sein. Medien berichteten, auch am Sonntag sei die Lage gespannt geblieben. Anlass der tödlichen Auseinandersetzungen waren Gerüchte, in der koptischen Kirche werde eine Frau festgehalten, die zum Islam übertreten wolle.

Laut den Berichten versammelten sich am Sonnabend Hunderte von fundamentalistischen Muslimen, die zur Bewegung der Salafisten gehören sollen, vor der Kirche, um die Herausgabe der Frau zu verlangen. Kopten hätten versucht, sich schützend vor das Gotteshaus zu stellen. Im Verlauf der Auseinandersetzungen seien Schüsse abgefeuert und Brandbomben geworfen worden. Die Kirche und die Fassade einer benachbarten Kirche seien dabei in Brand geraten. Militär und Polizei hätten Stunden gebraucht, um durch den Einsatz von Tränengas und Warnschüssen die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen.

Kopten ziehen vor US-Botschaft

Bei der Frau soll es sich um eine 26-Jährige handeln, die einen Muslim heiraten und zum Islam übertreten wolle. Der ägyptische Ministerpräsident Essam Scharaf berief für Sonntag eine Krisensitzung seiner Regierung ein und verschob eine geplante Auslandsreise nach Bahrain, wie das ägyptische Staatsfernsehen berichtete. Religiöse Führer des Islam hätten zur Ruhe aufgerufen.

Kurz nach dem Zwischenfall in Imbaba zogen koptische Christen vor die US-Botschaft in Kairo. Sie kündigten an, solange dort ausharren zu wollen, bis der US-Botschafter mit ihnen über die "Ungerechtigkeiten gegen die christliche Minderheit“ spreche.

Konvertierung von Islam zu Christentum unmöglich

Liebesbeziehungen gemischt-religiöser Paare sind in Ägypten immer wieder Auslöser von Gewalt. Frauen beider Religionen wird es zumeist nicht erlaubt, Männer anderen Glaubens zu heiraten. Nicht-muslimische Männer, die eine muslimische Frau heiraten wollen, müssen zum Islam konvertieren.

Die Christen können dagegen eine umgekehrte Regelung für die "Einheirat“ nicht-christlicher Männer nicht durchsetzen. Eine Konvertierung vom Islam zum Christentum ist schlicht nicht möglich und wird von den Muslimen als "Häresie“ betrachtet. Christinnen brauchen wiederum bei der Ehelichung eines muslimischen Mannes nicht zu konvertieren. Bei derartigen Konflikten in Ägypten stehen aber oft schon verheiratete Christinnen im Mittelpunkt, die eine neue Ehe mit einem muslimischen Mann eingehen wollen. Da bei den orthodoxen und äußerst konservativen Kopten eine Scheidung praktisch nicht möglich ist, konvertieren sie zum Islam.

Nicht die ersten Auseinandersetzungen

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten in Ägypten. So zündeten aufgebrachte Muslime am 5. März in Soul die koptische Kirche sowie mehrere Häuser von Christen an. Auslöser des Übergriffs war damals offenbar die Liebesbeziehung eines Kopten zu einer muslimischen Frau. Daraufhin kam es in Kairo zu Gewalttätigkeiten zwischen Muslimen und Kopten. Nach Angaben der ägyptischen Generalstaatsanwaltschaft kamen dabei elf Menschen ums Leben, sechs koptische Christen und fünf Muslime. Mehr als 100 Personen wurden verletzt.

Die Kopten sind die größte christliche Gemeinschaft in Ägypten. Sie führen ihre Anfänge auf den Evangelisten Markus zurück. Angaben über Mitgliederzahlen schwanken zwischen fünf und zehn Millionen unter den insgesamt rund 80 Millionen Einwohnern Ägyptens. (kna/dpa)