Die einstige Privatbank, für deren Kauf der griechische Staat den Rettungsfonds FSF angezapft hatte, soll Gelder ins Ausland geschafft haben.

Athen. Beschwörende Appelle im Parlament, Krawalle auf den Straßen und eine mysteriöse Banken-Rettung überschatten die Euro-Krise in Griechenland. Die ehemals private Proton Bank soll im großen Stil Gelder ins Ausland geschafft haben. Die Athener Staatsanwaltschaft untersucht seit Monaten den Fall der Bank, für deren Kauf der griechische Staat den Rettungsfonds FSF angezapft hatte. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, die Bank sei mit fast 900 Millionen Euro aus internationalen Hilfsmitteln gestützt worden. Vor ihrer Verstaatlichung soll sie bis zu 700 Millionen ins Ausland verschoben haben.

Nach Informationen der "Süddeutschen" ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Geldwäsche gegen frühere Proton-Verantwortliche einschließlich des ehemaligen Hauptinhabers und Präsidenten Lavrentis Lavrentiadis. Er weise die Vorwürfe zurück.

Womöglich im Zusammenhang mit Untersuchungen der Zentralbank kam es vor wenigen Tagen zu einem Sprengstoffanschlag im Athener Vorort Halandri. Die Polizei gehe davon aus, dass es sich bei dem Anschlag um eine Warnung gehandelt habe, diesen Fall weiter zu untersuchen. In dem Gebäude wohne ein Mitarbeiter der Zentralbank, der die Privatbank Proton geprüft habe.

Während die neue griechische Regierung von Ministerpräsident Lucas Papademos nach neuen Einnahmequellen suchte, gab es in Athen schwere Ausschreitungen. Überwiegend jugendliche Demonstranten lieferten sich eine Straßenschlacht mit der Polizei. Dutzende Maskierte warfen Brandsätze auf die Polizisten, die mit Tränengasgranaten versuchten, die Randalierer zu zerstreuen. Etwa 7000 Demonstranten erinnerten in dem jährlich stattfindenden Marsch an die blutige Niederschlagung einer Studentenrevolte im Jahr 1973 durch die damalige griechische Militärdiktatur. Auch dieses Jahr zogen die Demonstranten zur US-Botschaft, um an die amerikanische Unterstützung der Militärherrschaft zu erinnern.

+++ Griechische Bank hinterzieht 700 Millionen Euro +++

Derweil beriet der Ministerrat in einer Sondersitzung über den Haushalt 2012, dessen Entwurf heute dem Parlament vorgelegt werden soll. Aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete zum Haushaltsentwurf, es werde "verzweifelt" nach 57 Milliarden Euro Einnahmen gesucht, damit das Land erstmals Ende 2012 einen sogenannten primären Überschuss aufweise. Die Einnahmen durch Steuern aller Art sollen bis zum Jahresende 50 Milliarden Euro erreichen. Bis Ende Oktober waren nur 38 Milliarden in die Kassen geflossen.

Derweil hat die "Griechenland Taskforce" der EU drei Monate nach dem Beginn ihrer Mission einen ersten Bericht vorgestellt. Und die Probleme, die das 30-köpfige Team identifiziert hat, sind gewaltig. Dennoch hofft der deutsche Taskforce-Chef Horst Reichenbach, die griechische Verwaltung und Wirtschaft in zwei bis drei Jahren auf Vordermann gebracht zu haben und wieder abziehen zu können. Zu den Prioritäten der Herkules-Mission gehört das Eintreiben von Steuern. Laut Bericht sind die Bürger ihrem Staat 60 Milliarden Euro schuldig. Aber nur acht Milliarden Euro davon könnten theoretisch rasch in den Staatssäckel fließen und so die Schuldenlast drücken. 30 Milliarden Euro versucht die Verwaltung schon in Prozessen einzutreiben, die sich oft über Jahrzehnte hinziehen.

Liegt es an der mangelnden Kompetenz der Finanzbeamten oder an ihrem fehlenden Willen? "Ich glaube, es ist beides", sagte Reichenbach in Brüssel. Die Schulung des Personals steht deswegen ganz oben auf der Agenda. Zudem will Reichenbach auch dafür sorgen, dass die Verfahren gegen Steuerschwindler beschleunigt werden. Eine Wurzel des Problems ist, dass rund die Hälfte der griechischen Beschäftigten selbstständig ist - und deren Steuerschuld bislang kaum zu ermitteln war. Milliardensummen entgehen dem Staat aber auch durch Steuerflucht. "Enorme Beträge" seien insbesondere in die Schweiz abgezogen worden, heißt es im Bericht. Zumindest einen Teil des Geldes will sich Athen mit einem bilateralen Steuerabkommen zurückholen. Die Staatseinnahmen zu steigern ist der eine Schwerpunkt der Reichenbach-Mission, die Wirtschaft anzukurbeln der zweite. In diesem Jahr bricht die Konjunktur um 5,5 Prozent ein, für nächstes Jahr hat die EU minus 2,8 Prozent prognostiziert. Brüssel hat eine Art Mini-Marshallplan aufgelegt, um neben der technischen Hilfe der Taskforce Konjunkturprojekte zu finanzieren.