Autor Dietmar Bittrich über Gelassenheit und Laisser-faire in der Ägäis

Dietmar Bittrich, geboren 1958, hat als freier Autor Bücher wie "Achtung, Gutmenschen!", "Altersglück" oder "Ungleiche Paare" geschrieben, am bekanntesten sind sein "Weihnachtshasser Buch" und das "Gummibärchen-Orakel" für Kinder. Nach dem Literaturförderpreis der Stadt Hamburg (1991) erhielt er 1999 auch den Hamburger Satirepreis. "Griechify your life" mit dem Zeichner Stefan Stutz ist bei Rowohlt erschienen (160 S., 4,99 Euro).

Hamburger Abendblatt:

Wie kamen Sie auf die Idee zu Ihrem Buch über griechische Lebensart? Erst durch die Krise?

Dietmar Bittrich:

Ich fahre regelmäßig nach Griechenland. Am Strand auf Santorini habe ich Stefan Stutz kennengelernt. Wir kamen ins Gespräch über ein Kreuzfahrtschiff, das vor Santorini gesunken war. Für die Bergung des Wracks hat die Insel erfolgreich 50 Millionen Euro von der Reederei eingeklagt. Dieses Geld ist irgendwie verschwunden. Dann haben die Einheimischen von der Europäischen Union noch einmal Gelder für die Bergung eingefordert, mit dem Hinweis, das Wrack sei ja nicht ungefährlich; währenddessen gab es profitable Tauchfahrten dorthin. Ganz cool zweimal Geld zu kassieren, das erschien uns als geradezu schwejkscher Streich, vielleicht als Überlebenstaktik auf einer Insel, wo sonst nicht viel ist. Zurzeit herrscht in Deutschland eine Anti-Griechen-Stimmung, und der wollten wir mit dem Buch etwas entgegensetzen.

Der Untertitel "Kostenlos das Leben genießen" ist aber auch ein bisschen gehässig, oder?

Bittrich:

Nein, hinter der Anti-Stimmung bei uns im Moment steckt ja auch ein bisschen Neid, dass man mit kleinen Streichen und Eulenspiegeleien wie in Griechenland durchaus etwas gewinnen kann. Die Ineffektivität, die wir den Griechen vorwerfen, hat doch etwas Positives: Es gibt weniger Druck in ihrem Leben.

Das ist für viele Touristen spürbar, aber für die Griechen selbst?

Bittrich:

Das am häufigsten genutzte Bibel-Zitat in Griechenland laut "Bible Society" ist eine Stelle aus dem Matthäus-Evangelium: "Sehet die Vögel des Himmels an! Sie säen nicht und ernten nicht, sie sammeln auch nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch." Die Vögel tun nichts, aber Gott erhält sie trotzdem. Wir beneiden die Griechen um ihr Gottvertrauen, dass alles schon irgendwie laufen wird. Es ist sympathisch, wenn sie sagen: Wir arbeiten nicht, um irgendwann glücklich zu sein, sondern wir wollen jetzt schon möglichst glücklich und zufrieden sein. Wir alle spüren doch, dass es nicht viel nützt, immer alles unter Kontrolle halten zu wollen.