Ehemaliger EZB-Vize wird endgültig zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Vorgänger Papandreou hofft auf “Beginn einer neuen Ära“.

Athen/Brüssel. Nach der Einigung auf eine Übergangsregierung in Griechenland soll das neue Kabinett heute um 13 Uhr in Athen vereidigt werden. Ministerpräsident wird Lucas Papademos, ein 64-jähriger erfahrener Banker. Der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag von Staatspräsident Karolos Papoulias den Auftrag zur Bildung einer Übergangsregierung erhalten. Papademos' Koalitionsregierung soll die Beschlüsse des EU-Gipfels Ende Oktober zum Rettungspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro sicherstellen und damit Griechenland vor einem Staatsbankrott bewahren. Die Regierung wird von den Sozialisten (PASOK), den Konservativen (ND) und der rechtsgerichteten Partei LAOS unterstützt. Papademos folgt auf Giorgos Papandreou, der das Amt des Ministerpräsidenten nach der Hälfte seiner vierjährigen Amtszeit aufgibt. Die Übergangsregierung soll bis zu Neuwahlen Ende Februar kommenden Jahres im Amt bleiben.

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Die drei Parteien des Notkabinetts verfügen über eine deutliche Mehrheit von 254 Abgeordneten im 300-köpfigen griechischen Parlament. Da die Mehrheit offensichtlich ist, kann Papademos ohne ausdrückliche Zustimmung des Parlaments als Regierungschef vereidigt werden. Allerdings muss er dort nach der Verfassung innerhalb von zwei Wochen die Vertrauensfrage stellen.

Fünftägiges Tauziehen beendet

Der Auftrag zur Regierungsbildung beendete ein fast fünftägiges Tauziehen um die Nominierung des neuen Ministerpräsidenten. "Es ist für mich eine große Ehre und eine noch größere Verantwortung“, sagte Papademos. Er sei überzeugt, dass die wirtschaftlichen Probleme zu lösen seien. Die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung werde es sein, die Spar- und Reformvorhaben umzusetzen, die Ende Oktober auf dem Gipfeltreffen der Euro-Zone vereinbart worden seien, und das internationale Hilfsprogramm für Griechenland unter Dach und Fach zu bringen.

Papademos rief zu "Einheit, Verständigung und Vernunft“ auf. Der Appell richtete sich an die Bevölkerung, an die Parteien und auch an die Gewerkschaften, die mit Streiks immer wieder das Land lahmgelegt hatten.

Der bisherige sozialistische Regierungschef Papandreou hatte am Mittwoch seinen Rücktritt angekündigt und damit den Weg zur Bildung einer Regierung von Sozialisten und Konservativen freigemacht. Am Donnerstag einigte er sich mit dem konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras und dem Ultrakonservativen Giorgos Karatzaferis darauf, dem Staatspräsidenten den früheren EZB-Vize als neuen Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Papandreou bezeichnete den Zusammenschluss als ein "historisches Übereinkommen“ und den "Beginn einer neuen Ära“ in Griechenland. Die Führer der kleineren Linksparteien boykottierten das Treffen im Amtssitz des Präsidenten.

Wie lange Papademos im Amt bleiben wird, wurde am Donnerstag nicht ausdrücklich festgelegt. Im offiziellen Kommuniqué des Staatspräsidenten wurde kein Datum für Neuwahlen genannt. Die Parteichefs Papandreou und Samaras hatten zuvor Neuwahlen am 19. Februar 2012 ins Auge gefasst.

EU begrüßt Nominierung Papademos'

Die EU hat die Einigung auf die griechische Übergangsregierung begrüßt. "Wir haben uns schon lange für den notwendigen, parteiübergreifenden Konsens in Griechenland ausgesprochen", teilten EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel schien erleichtert, dass Papademos Papandreou nun ablöst: "Wir wollen, dass Griechenland schnell auf einen guten Weg kommt", sagte Merkel. Die Euro-Länder fordern von Athen schriftliche Garantien, bevor eine Auszahlung von acht Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm für Athen geleistet werden kann. Papademos hat von Staatspräsident Karolos Papoulias den Auftrag für eine neue Regierung erhalten. Sie soll heute vereidigt werden.

Papademos ist kein Redner, der die Bürger zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Aber der kühle Rechner ist die letzte Hoffnung Griechenlands. "Ich habe mich den größten Teil meines Lebens mit Finanzdingen befasst", sagte der 64-Jährige. Griechenlands Schulden laufen aus dem Ruder und könnten nach einer Prognose der EU-Kommission 2012 knapp 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Die Arbeitslosenquote stieg auf 18,4 Prozent.

Papademos ist einer der wenigen Griechen, die in der europäischen Finanzwelt einen Namen haben und geachtet werden. Er weiß aber auch, dass in Griechenland neben der wirtschaftlichen eine psychologische Depression herrscht. "Wir müssen alle optimistisch sein, dass wir es schaffen können", machte er seinen Landsleuten Mut. Papademos ist an keine Partei gebunden. Von ihm heißt es aber, er stehe den Sozialisten nahe, weil er 1994 vom damaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Andreas Papandreou zum Chef der Zentralbank ernannt wurde. Er gilt als der Architekt des Beitritts Griechenlands zur Euro-Zone.

Mit Material von dpa, rtr und dapd