Israel flog Luftangriffe auf Kämpfer des Islamischen Dschihad. Die radikale Gruppe reagierte mit Vergeltung, akzeptiert aber Waffenruhe.

Gaza-Stadt. Neue Eskalation in Nahost: Israelische Luftangriffe auf den Gazastreifen und Raketenangriffe militanter Palästinenser auf den Süden Israels haben am Sonnabend insgesamt zehn Menschen das Leben gekostet. Dabei wurden allein bei vier israelischen Luftangriffen neun Palästinenser getötet und mindestens 15 verwundet, wie das Gesundheitsministerium im Gazastreifen mitteilte. Militante Palästinenser antworteten mit Raketensalven, bei denen im Süden Israels ein Mensch getötet und vier Personen verwundet wurden.

Nach Angaben der palästinensischen Rettungskräfte wurden durch die israelischen Angriffe neun Dschihad-Kämpfer getötet. Auf der israelischen Seite starb ein 56-Jähriger bei einem Angriff mit einer Grad-Rakete. Insgesamt haben militante Palästinenser seit Mittwoch rund 40 Geschosse auf Israel abgefeuert.

Das israelische Militär teilte mit, Ziel der Luftangriffe seien Kämpfer der Organisation Islamischer Dschihad gewesen, die Raketen auf Israel abgefeuert hätten. Ein israelisches Video zeigte, wie Raketen von einem Lastwagen geladen und abschussbereit gemacht werden. Die militanten Palästinenser reagierten mit einer Serie von Raketenangriffen auf israelische Orte. Eine Rakete traf dabei auch eine Schule, die aber wegen des Sabbats geschlossen war.

Die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihader kündigte zunächst weitere Vergeltung an, akzeptierte dann aber eine Waffenruhe. Abu Ahmed, Sprecher der militanten Al-Kuds-Brigaden in Gaza, teilte dies am Sonntag in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Man behalte sich allerdings das Recht vor, auf künftige Angriffe Israels zu reagieren. "Wir haben ein Gleichgewicht des Schreckens mit dem Feind geschaffen, und er hat um eine Waffenruhe gebettelt“, hieß es in der Mitteilung. Nach Medienberichten beider Seiten hatte Ägypten bei den Bemühungen um eine Feuerpause vermittelt.

Nach Angaben Abu Ahmeds sei bei dem Luftangriff auch ein Kommandeur der Gruppe getötet worden. Er sei einer der wichtigsten Bombenbauer der Organisation gewesen. "Das war heute ein großer Verlust für uns im Islamischen Dschihad“, sagte Ahmed. "Die Größe unserer Vergeltung wird der Größere unseres Verlusts entsprechen“, drohte er noch am Sonnabend.

Hochspannung vor Palästinenser-Abstimmung in der Unesco

Derweil will die Unesco am morgigen Montag über die Aufnahme der Palästinenser abstimmen – und könnte damit in eine Existenzkrise stürzen. Sollte Palästina als Vollmitglied der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur akzeptiert werden, könnten die USA den Geldhahn zudrehen und austreten. Das wäre eine Katastrophe für die Unesco mit mehr als 2000 Mitarbeitern, die ihren größten Beitragszahler verlieren würde.

Washington steuert 22 Prozent des laufenden Zwei-Jahre-Haushalts von 653 Millionen US-Dollar bei und ist damit der mit Abstand größte Geldgeber vor Japan und Deutschland. Die Unesco-Vollversammlung tagt bis zum 10. November in Paris mit Delegationen der 193 Mitgliedsländer, die über das Programm, den Haushalt sowie neue Mitglieder entscheidet. Bekannt ist die Organisation vor allem für das Welterbe-Programm und die Bildungsförderung.

Nach jahrzehntelangem Warten bestehen die Palästinenser nun auf eine Aufnahme. Man werde kein anderes Ergebnis als die Vollmitgliedschaft akzeptieren, sagte Palästinenser-Außenminister Riad Malki am Freitag vor seiner Abreise nach Paris. Die erste Runde in diesem Kräftemessen haben die Palästinenser bereits gewonnen.

Der Unesco-Exekutivrat, das zweitwichtigste Gremium der Organisation, hat sich bereits – gegen die Stimmen Deutschlands und der USA – mit großer Mehrheit für eine Aufnahme der Palästinenser ausgesprochen. Geht ein Antrag in diesem Gremium durch, wird er meist auch in der Generalversammlung angenommen. Eine Veto-Reglung wie im UN-Sicherheitsrat gibt es dort nicht.

Die Warnungen aus Washington waren unmissverständlich. Den USA sei es gesetzlich nicht erlaubt, Organisationen zu finanzieren, die die Palästinenser als Mitglieder akzeptierten, sagte kürzlich US-Außenministerin Hillary Clinton. Ob die klaren Worte etwas an dem Abstimmungsverhalten in der Unesco-Generalkonferenz ändern, steht allerdings in den Sternen.

Mit Hochdruck wird derzeit an einer Lösung für das heikle Problem gearbeitet. Solange es keine neuen Friedensverhandlungen mit Israel und keine Entscheidung über die UN-Mitgliedschaft der Palästinenser gebe, könne das Aufnahmeverfahren nur schaden, argumentieren die Aufnahmegegner. Aufgeschoben sei nicht aufgehoben. Palästina habe schon viel zu lange gewartet, sagen dagegen die Befürworter.

Die USA sind allerdings schon einmal aus der Unesco ausgetreten. Damals, 1984, begründeten sie ihren Schritt mit einer angeblich anti-westlichen Politisierung und ineffizientem Management der Organisation. Erst 2003 kehrten die USA zurück. Jetzt besteht die Furcht, dass es eine zweite Rückkehr nicht geben würde.

Mit Material von dpa und dapd