Bei der achten Fernsehdebatte der Präsidentschaftsbewerber der US-Republikaner flogen die Fetzen. Die Angriffe wurden schnell sehr persönlich.

Hamburg. Wochenlang hatte Amerika gespannt darauf gewartet, dass sich die stärksten Kandidaten im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur in einer Fernsehdebatte endlich mal richtig Zunder geben würden. Doch als es nun passierte, waren viele Bürger doch eher entsetzt als entzückt. Fast zwei Stunden lang debattierten die sieben Republikaner Mitt Romney, Rick Perry, Herman Cain, Newt Gingrich, Ron Paul, Rick Santorum und Michele Bachmann im Sender CNN vor allem über die Qualitäten des jeweils anderen und über Steuern.

Die Angriffe wurden schnell persönlich, schließlich redeten alle gleichzeitig in einer chaotischen Gemengelage los und schnitten sich gegenseitig das Wort ab. Am Ende warnte Newt Gingrich, der frühere Sprecher des US-Repräsentantenhauses und 1995 vom Magazin "Time" zur Person des Jahres gewählt: "Lasst mich mal für eine Sekunde darauf hinweisen, dass größtmögliches Gezicke vermutlich nicht der Weg ins Weiße Haus ist."

In der immerhin bereits achten Fernsehdebatte festigte sich allerdings weiterhin eine vorläufige Rangfolge der republikanischen Bewerber. Kandidat Jon Huntsman, der elegante frühere Gouverneur von Utah und bis vor Kurzem US-Botschafter in China, war der Debatte aus Protest gegen das vorgezogene Datum der innerparteilichen Vorwahlen im Bundesstaat Nevada - in dem Las Vegas liegt - von vornherein ferngeblieben.

Und weder die hyperaktive und erzkonservative Kongressabgeordnete Michele Bachmann noch der ebenfalls superkonservative frühere Senator und Abgeordnete Rick Santorum gelten inzwischen noch als Schwergewichte bei der Kandidatenkür. Über Bachmann, die weibliche Galionsfigur der Tea-Party-Bewegung, schrieb die "Washington Post", sie habe sich in der Debatte so einseitig an ihr Vorhaben geklammert, Präsident Barack Obama nach nur einer Amtszeit abwählen zu lassen, dass es wirkte, als habe sie an einer anderen Diskussion als jener auf der Bühne teilgenommen. Über den Arzt und Abgeordneten Ron Paul hieß es wiederum, er habe einen Anzug getragen, der ihm zwei Nummern zu groß gewesen sei, und habe darin geradezu "winzig" gewirkt. "Nicht gerade ein gutes Bild, wenn man Präsident werden will."

Das Schaulaufen der republikanischen Kandidaten - dies zeigte auch die Debatte in Las Vegas - ist momentan ein Dreikampf, aus dem aber vermutlich bald ein Duell werden dürfte: Romney gegen Perry. Der derzeit in den Umfragen führende Herman Cain, der mit der Pizza-Kette Godfathers Pizza reich wurde und keinerlei Erfahrungen mit einem politischen Amt besitzt, erhielt praktisch von allen Konkurrenten vernichtende Kritik für seinen Steuervorschlag "999", bei dem er nur noch neun Prozent Steuer auf Einkommen und Gewerbe erheben will, dafür aber eine neue, bundeseinheitliche neunprozentige Mehrwertsteuer fordert. Kurz vor der Debatte war eine Analyse veröffentlicht worden, wonach Cains "999"-Projekt vor allem untere und mittlere Einkommen belasten würde. Santorum sagte, "999" würde höhere Steuerbelastungen für 84 Prozent der Amerikaner bedeuten. Der 65-jährige Cain gilt als Sprücheklopfer, aber viele Republikaner lieben ihn. Als er gefragt wurde, warum er eigentlich kandidiere, antworte er: "Na, ich will Präsident werden. Ich bewerbe mich doch nicht um einen Posten in Disneyland."

Bis vor Kurzem hatte noch Mitt Romney, der frühere Gouverneur von Massachusetts, vorn gelegen. Rick Perry, der einstige Star der Republikaner, erzkonservativer Gouverneur von Texas, rangiert nur noch an dritter Stelle. Perry hatte in den früheren Fernsehdebatten harmlos und hölzern gewirkt und wollte nun offenbar mit Aggressivität verlorenen Boden gutmachen.

Er griff Romney frontal an und schnitt ihm oft das Wort mitten im Satz ab. Bis ihn Romney am Arm ergriff und wütend sagte: "Ich spreche, ich spreche, ich spreche, ich spreche!" Romney fügte hinzu: "Du hast ein Problem damit, jemanden ausreden zu lassen. Ich schlage vor, wenn du Präsident werden willst, dann solltest du beide Leute aussprechen lassen." Perry brachte Romney dann schwer in Verlegenheit, indem er ihm vorwarf, illegale Einwanderer beschäftigt zu haben. Romney hat sich im Wahlkampf ausgerechnet massiv gegen illegale Einwanderung in die USA positioniert und ist sogar gegen eine nachträgliche Legalisierung.

Perry warf ihm vor, ein "Heuchler" zu sein: "Du hast dich vor die Amerikaner hingestellt und hast ihnen die Wahrheit verschwiegen, dass du Illegale auf deinem Grundstück beschäftigt hast." Romney entgegnete lahm, er habe nicht gewusst, dass die von ihm beauftragte Gärtnerfirma illegale Einwanderer mit gefälschten Papieren beschäftigte. Perry zischte ihn an: "Leute wie du sollten bestraft werden, aber nicht Präsident werden." Zudem habe Massachusetts zu Romneys Amtszeit in Sachen Arbeitsplatzbeschaffung nur den 47. Platz unter den 50 Bundesstaaten eingenommen. Romney konterte: "Das waren ein paar harte Debatten für Rick, und ich verstehe, dass du jetzt nervös geworden bist". CNN-Redakteur David Gergen meinte nach der Debatte: "Solche Kloppereien sind schlechte Nachrichten für diese Partei."