Das zweite Hilfspaket für Griechenland muss laut IWF überarbeitet werden - auch wegen schleppend vorankommender Reformen.

Berlin/Brüssel. Das zweite Hilfspaket für Griechenland muss nach den Worten eines IWF-Vertreters wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage und der nur langsam vorankommenden Reformen überarbeitet werden. Griechenlands Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis hat unterdessen die verhaltenen Sparanstrengungen seiner Regierung in den vergangenen Monaten gerechtfertigt. „Hätten wir gleich zu Anfang noch härter gekürzt, wäre die Nachfrage noch schwächer als heute“, sagte Chrysochoidis der „Zeit“. Außerdem stehe die griechische Regierung „mit der Reformpolitik ganz allein“ da. Die konservative Opposition behaupte, sie wolle die Bedingungen, zu denen Kredite vergeben würden, neu verhandeln können. „Und die Linken wollen raus aus der EU.“

Griechenland hatte zur Überwindung der Schuldenkrise zunächst vor allem Steuern erhöht. Chrysochoidis bekräftigte, dass nun auch bei den staatlichen Beschäftigten gekürzt werde: „Wir haben jetzt eine Regel gefunden, die viele öffentliche Angestellte in die Kurzarbeit schicken wird. Wir werden die Ausgaben weiter senken.“

In Griecheland wird unterdessen gegen die Sparmaßnahmen protestiert. Aus Protest gegen Massenentlassungen haben am Mittwoch die größten Gewerkschaften Griechenlands umfangreiche Streiks begonnen. Im Flugverkehr ging seit Mitternacht (Ortszeit) wegen eines Fluglotsenstreiks gar nichts mehr, sämtliche Flüge von und nach Griechenland wurden abgesagt. Gestrandete Touristen gab es aber nur vereinzelt. Die Fluglinien hatten rechtzeitig die meisten ihrer Kunden informiert, wie der Flughafen Athen mitteilte. Die Fluglotsen wollten ihren Streik um 24.00 Uhr (23.00 MESZ) beenden.

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Auch alle Züge fahren seit Mitternacht nicht. Die Busfahrer in Athen legen zwei dreistündige Arbeitsniederlegungen am Morgen bis 09.00 Uhr und für den Abend ab 21.00 Uhr ein. Taxis und die zwei wichtigsten U-Bahnlinien von Athen fuhren dagegen normal. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie Schulen werden ebenfalls für 24 Stunden bestreikt. Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandeln nur dringende Fälle.

Um die Mittagszeit versammelten sich in Athen und anderen Städten des Landes zahlreiche Demonstranten. Die Proteste verliefen zunächst friedlich. Die Polizei hatte aber aus Angst vor Ausschreitungen seitens autonomer Gruppierungen starke Einheiten im Zentrum Athens zusammengezogen.

Zu dem Streik haben die beiden größten Gewerkschaftsverbände des staatlichen und des privaten Sektors aufgerufen. Die Regierung plant, tausende Staatsbedienstete zunächst in eine Art Arbeitsreserve zu schicken und anschließend zu entlassen. Die Betroffenen sollen zunächst für etwa ein Jahr 60 Prozent ihres bisherigen Einkommens verdienen. Anschließend soll ein unabhängiger Rat entscheiden, wer bleibt und wer gehen muss. Die Regierung spricht von 30 000 Staatsbediensteten. Zudem sollen in den kommenden Monaten die Griechen den Gürtel noch enger schnallen und weitere 6,5 Milliarden Euro sparen. „Die Regierung soll in die Arbeitsreserve gehen“, skandierten die Demonstranten.

Schuldensünder Griechenland hängt am Tropf der Geldgeber aus der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), die derzeit über die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem ersten Hilfspaket für die Hellenen beraten. Die Kredite sind an Bedingungen geknüpft. Das Land hat nach offiziellen Angaben noch Geld bis Mitte November, danach droht die Staatspleite.

(dapd/dpa/abendblatt.de)