Bei erneuten Auseinandersetzungen starben am Dienstag mindestens zwölf Menschen. Staatsfernsehen berichtet von Waffenruhe.

Sanaa. Jemen steuert immer stärker auf einen Bürgerkrieg zu. Bei eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen starben am Dienstag in der Hauptstadt Sanaa mindestens zwölf Menschen. In vielen Teilen der Stadt lieferten sich die verfeindeten Gruppen Gefechte: Salven von Maschinenpistolenfeuer und einschlagende Granaten verunsicherten die Bevölkerung. Kurz nach Sonnenaufgang schlugen Geschosse in einem Protestcamp von Gegnern von Präsident Ali Abduallah Saleh ein. Dabei starben zwei Menschen. Auch am Nachmittag gingen Granaten in der Nähe des Protest-Lagers nieder, wo Demonstranten seit acht Monaten ausharren. Saleh-treue Soldaten töteten vier Kameraden, die zu den Regime-Gegnern übergelaufen waren.

Die neuen Gefechte waren am Sonntag ausgebrochen, nachdem der Präsident sich abermals geweigert hatte, einen Plan zur Machtübergabe zu akzeptieren. Seitdem starben rund 70 Menschen. Proteste gegen den seit mehr als drei Jahrzehnten autokratisch herrschenden Präsidenten gibt es seit Jahresbeginn. Die Armee reagiert auf die neuen Proteste mit großer Härte. Zudem nehmen Heckenschützen Zivilisten von Hausdächern aus unter Feuer, wie Augenzeugen berichten. Die Regierung macht die Opposition für die Gewalteskalation verantwortlich und bestritt zuletzt am Montag, das Feuer auf Demonstranten eröffnet zu haben. Jemen gilt als strategisch besonders sensibel: Es grenzt an den weltweit größten Ölexporteur Saudi-Arabien und ist Rückzugsgebiet der einflussreichsten unter den regionalen Al-Kaida-Gruppen.

Nach den drei Tagen der Gewalt mit mehr als 70 Toten ist in Jemens Hauptstadt Sanaa nun angeblich eine Waffenruhe vereinbart worden. Das berichtete das staatliche Fernsehen am Dienstag. Die Vereinbarung sei von Vize-Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi und mehreren ausländischen Vertretern – unter anderem den Botschaftern der USA und Großbritanniens – ausgehandelt worden. Am Abend sei es relativ ruhiggeblieben.

Als Reaktion auf die Gewalt organisierte die Protestbewegung am Dienstag Märsche in sechs jemenitischen Provinzen. Demonstranten zogen mit Rufen wie „Wir werden nicht zurückweichen!“ und „Wir stürzen das Regime, koste es was es wolle!“ durch die Straßen.

Seit Ausbruch der Proteste gegen das Salih-Regime im Jemen haben Sicherheitskräfte nach Schätzungen von Menschenrechtlern rund 500 Demonstranten getötet.