In zwei Tagen starben 28 Demonstranten. Bei einer Kundgebung der Opposition schoss die Präsidentengarde mitten in Menschenmenge.

Sanaa. Im Jemen haben tausende Oppositionsanhänger unterstützt von abtrünnigen Militärs eine Basis der Republikanischen Garden von Präsident Ali Abdullah Salih gestürmt. Augenzeugen berichteten dem arabischen TV-Sender Al-Arabija, es sei bei dem Angriff am Montagabend in der Hauptstadt Sanaa kein einziger Schuss gefallen. Die Gardisten seien geflüchtet und hätten ihre Waffen zurückgelassen.

Am Montag hatten Sicherheitskräfte erneut Dutzende Oppositionsanhänger bei Kundgebungen gegen Präsident Salih erschossen. Nachdem schon am Vortag in dem bitterarmen arabischen Land 26 Demonstranten ums Leben kamen, töteten bewaffnete Brigaden am Montag weitere 32 Regimegegner. Allein in der Hauptstadt Sanaa seien

24 Menschen, unter ihnen ein Kind, gestorben, berichteten Ärzte und Helfer eines improvisierten Lazaretts.

In der südlichen Stadt Taiz starben vier Demonstranten, als die Sicherheitskräfte mit Tränengas und scharfer Munition in eine Anti-Salih-Kundgebung schossen, bestätigten Krankenhausärzte.

Die Bundesregierung verurteilte die jüngste Eskalation der Gewalt im Jemen. Das repressive Vorgehen der Sicherheitskräfte provoziere eine Verschärfung der Lage, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin.

Augenzeugen berichteten in der Hauptstadt Sanaa, Gegner des Präsidenten hätten in der Nacht zum Montag ihre Zeltstadt auf dem „Platz des Wandels“ (Taghier-Platz) vergrößert. Sicherheitskräfte hätten dann am Montag die neuen Zeltbewohner mit Waffengewalt vertrieben. Wie schon am Vortag schossen auch Scharfschützen von Hausdächern in die Menschenmenge.

Am Sonntag hatten Mitglieder der Präsidentengarde nach Angaben der Protestbewegung 26 Demonstranten erschossen. Die jüngsten Ereignisse markieren die blutigste Unterdrückung von Protestkundgebungen seit Monaten. Zehntausende Menschen hatten in Sanaa den Rücktritt Salihs gefordert. Seit Beginn der Proteste im Februar dieses Jahres kamen nach Angaben von Menschenrechtlern rund 450 Menschen durch die Gewalt des Regimes ums Leben.

Der seit 1978 regierende Staatschef lässt sich seit einem Bombenanschlag im Juni, bei dem er schwer verletzt wurde, in Saudi-Arabien behandeln. Seit Mai weigert sich der 69-Jährige beharrlich, einen Plan des Golf-Kooperationsrates (GCC) für eine geordnete Übergabe der Macht zu akzeptieren. Die Protestbewegung fordert kategorisch seinen Rücktritt. Außerdem will sie Salih und mehrere hochrangige Funktionäre vor Gericht stellen.