Erste Soldaten aus Hama abzogen – Aktivisten berichten von wahllos schießenden Soldaten in Deir al Sur

Beirut. Mit den Städten Hama und Deir al Sur haben die syrischen Streitkräfte zwei Hochburgen der Protestbewegung eingenommen. Die „Terroristen“ seien aus Hama vertrieben worden, sagte ein Militärsprecher, der am Mittwoch Journalisten durch die verlassenen Straßen der Stadt führte. In Deir al Sur übernahmen Soldaten nach vier Tagen heftigen Beschusses offenbar die Kontrolle.

Die Streitkräfte zogen erste Soldaten aus Hama ab, einer Stadt mit 800.000 Einwohnern in der Mitte des Landes. Etwa 50 Schützenpanzer wurden mit Lastwagen aus der Stadt gefahren, Straßenblockaden aufgehoben. „Wir haben einen schwierigen Einsatz beendet, bei dem wir die Versteckte von Terroristen ausgehoben haben“, sagte ein Offizier den Journalisten.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, auch sein Botschafter habe von einem Beginn des Rückzugs aus Hama berichtet. „Lassen Sie uns hoffen, dass diese Entwicklung zu positiven Ergebnissen führt und dass der Prozess innerhalb von zehn bis 15 Tagen abgeschlossen ist, damit Schritte für Reformen in Syrien unternommen werden können.“

Augenzeugen beschrieben die Versorgungslage in Deir al Sur als dramatisch. Bäckereien und Apotheken seien geschlossen, Babynahrung sei knapp, sagten Aktivisten der Nachrichtenagentur AP. Soldaten würden „wahllos auf alles schießen, was sich bewegt“. Am Mittwochmorgen war Deir al Sur nach viertägigem Beschuss durch Artillerie und Panzer von den syrischen Streitkräften eingenommen worden.

Auch in drei Vororte der Hauptstadt Damaskus drangen am Mittwoch Soldaten ein, Kämpfe wurden zudem aus der im Nordwesten Syriens gelegenen Ortschaft Sarmin gemeldet. Dort seien eine Frau getötet und drei weitere Menschen verletzt worden, erklärte die in London ansässige Menschenrechtsgruppe Syrian Observatory for Human Rights.

Die internationale Gemeinschaft versuchte unterdessen, den Druck auf Präsident Baschar Assad zu erhöhen. Am Mittwoch sprachen Vertreter Brasiliens, Indiens und Südafrikas in Damaskus mit dem syrischen Außenminister Walid al Moallem. Die USA bereiteten eine Erklärung vor, in der ausdrücklich der Rücktritt Assads gefordert wird.

Am Dienstag hatte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu Präsident Assad in Damaskus gedrängt, auf Gewalt zu verzichten. Nach der Unterredung berichtete die staatliche syrische Nachrichtenagentur, die Sicherheitskräfte bekämpften unnachgiebig „Terroristengruppen“ – ein Begriff, den die Regierung in der Regel für Oppositionelle benutzt.

Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sind seit dem Beginn der Proteste im März mehr als 1.700 Menschen getötet worden. Allein während der jüngsten Offensive der Streitkräfte, die zeitgleich mit dem Fastenmonat Ramadan begann, sollen mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen sein.