Der Golf-Kooperationsrat erklärte am Sonnabend, die Bestrebungen der Bürger müssten anerkannt werden. “Echte Reformen“ müssten her.

Riad/Kairo. Das brutale Vorgehen des syrischen Regimes gegen seine eigenen Bürger lässt die eher konservativen Golfstaaten nach Reformen im arabischen Bruderland rufen. Das Blutvergießen müsse enden und die Bestrebungen der Bürger müssten anerkannt werden, erklärte der Golf-Kooperationsrat (GCC) am Sonnabend.

Der weltweit gefeierte arabische Dichter Adonis verlangte in einem Interview, dass Präsident Baschar al-Assad die Macht abgibt. Auch in den Augen des deutschen Außenministers Guido Westerwelle gibt es für den ersten Mann in Damaskus „keine Zukunft“ mehr.

Die GCC-Staaten seien besorgt über das andauernde Blutvergießen und die massive Anwendung von Gewalt in Syrien, hieß es in der Erklärung, die vom GCC-Generalsekretariat in Riad veröffentlicht wurde. Die Golfstaaten bekundeten darin ihr Interesse an der „Sicherheit, Stabilität und Einheit Syriens“. In der Organisation sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar, Kuwait und Oman zusammengeschlossen.

Die Erklärung verlangt „die sofortige Beendigung aller bewaffneten Aktionen, ein Ende des Blutvergießens sowie Besonnenheit“. Sie betont die „Notwendigkeit echter Reformen, die die Rechte des syrischen Volkes bewahren und seine Bestrebungen anerkennen“.

In Syrien demonstrieren Teile der Bevölkerung seit Mitte März für politische Reformen und das Ende des Assad-Regimes. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten töteten die syrischen Sicherheitskräfte bei der Unterdrückung der Proteste fast 2000 Menschen. Erst am Freitag sollen syrische Truppen in den Vorstädten von Damaskus und in anderen Orten des Landes erneut mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen haben. Mindestens 24 Menschen starben nach Angaben von Regimegegnern.

Der aus Syrien stammende Dichter Adonis, Träger des diesjährigen Goethe-Preises der Stadt Frankfurt, forderte den Rücktritt Assads. „Er muss etwas tun. Das Mindeste, was er tun kann, ist, dass er seinen Posten räumt“, sagte Adonis der kuwaitischen Tageszeitung „Al-Rai“. „Wäre ich an seiner Stelle, würde ich die Macht abgeben.“

Der Schriftsteller machte Scharfmacher im Machtzirkel um Assad für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. „Es gibt Radikale im Inneren seines Regimes, die alles oder nichts wollen. Sie sind zum Scheitern verurteilt.“ Zugleich ging er mit den syrischen Regimegegnern ins Gericht, die Geschlossenheit und strategischen Weitblick vermissen ließen. „Diese Opposition vermochte nicht einmal, sich auf grundlegende Fragen zu einigen, wie etwa die Trennung von Staat und Religion.“

Das Interview wurde in Beirut geführt. Der 81-jährige Dichter, der aus Lattakia im Norden Syriens stammt, emigrierte 1956 nach Beirut. Seit 1986 lebt er in Paris. Etliche seiner Bücher wurden ins Deutsche übersetzt, darunter der Gedichtband „Der Baum des Orients“ (1989).

Westerwelle (FDP) rechnet nicht mit einer Beruhigung der Lage in Syrien. „Die massive Anwendung von Gewalt zeigt, dass das Regime für seinen Machterhalt vor nichts zurückschreckt“, sagte der Minister der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Wir müssen während des Fastenmonats Ramadan mit einer weiteren Verschlechterung der Lage rechnen.“ Das könne die Stabilität in der ganzen Region erschüttern.

Für Assad kann es nach Einschätzung des Außenministers keine Zukunft geben. Assad habe sich entschieden, die Gewalt gegen die Opposition massiv zu verschärfen. Unter diesen Umständen könne sein Angebot zum Dialog nicht ernst genommen werden. (dpa)