Ägyptens gestürzter Präsident soll bei seiner ersten Vernehmung einen Herzinfarkt erlitten haben. Im Krankenbett wird Mubarak weiter vernommen.

Kairo. Das Tora-Gefängnis ist eines der bekanntesten in Ägypten. Es liegt im Süden der Hauptstadt und bisher saßen hier meist unbekannte Schwerverbrecher. Seit dem Sturz Mubaraks zählen mehrere hochrangige Mitglieder des Mubarak-Regimes zu den Gefangenen. Der ehemalige Premierminister Ahmed Nazif sitzt in Tora in Untersuchungshaft, der ehemalige Innenminister Habib al-Adli ebenso und seit gestern nun auch die Söhne des ehemaligen Präsidenten Husni Mubarak. Mubarak ist jetzt ebenfalls offiziell ein Untersuchungshäftling. Er soll allerdings bei der ersten Vernehmung einen Herzinfarkt erlitten haben und wird seitdem in Scharm al-Scheich im Krankenhaus behandelt. Er wird im Krankenbett vernommen.

Die Verhaftung der Mubaraks ist ein Erfolg für all diejenigen, die seit dem 25. Januar für Freiheit und Demokratie im Land kämpfen. In den vergangenen Wochen war die Frustration bei den Menschen in Ägypten immer größer geworden. Zwar wurden einige hochrangige Mitglieder des Mubarak-Regimes verhaftet, doch der ehemalige Präsident und seine Familie waren lediglich unter Hausarrest gestellt worden - noch dazu im Badeort Scharm al-Scheich, was viele empörte.

Mit den Verfahren gegen die Mubarak-Familie und mehrere andere Ex-Funktionäre geht die Justiz auf eine der wichtigsten Forderungen der Demonstranten ein, die in den vergangenen Wochen immer wieder auf dem Tahrir-Platz in Kairo aufmarschiert waren, um "die Revolution zu vollenden". Viele der Demonstranten glauben inzwischen, dass sich in Ägypten trotz des Sturzes Mubaraks kaum etwas verändert hat. Die Frustration ist bei den Revolutionären stetig gestiegen und entlud sich am vergangenen Freitag in einer der größten Demonstrationen am Tahrir-Platz seit dem 11. Februar. "Wir müssen weiterhin Druck auf die Armee ausüben, nur deshalb sind wir so weit gekommen", schreibt der Aktivist Gigi Ibrahim auf Twitter.

Den Ausspruch: "Die Armee und das Volk gehen Hand in Hand" glauben nur noch die wenigsten, vor allem nachdem das Militär den Protest am Tahrir-Platz Freitagnacht mit Gewalt auflöste. Es soll zwei Tote und mehr als 70 Verletzte gegeben haben. Der Aktivist Maikel Nabil, der in einem Facebook-Kommentar Menschenrechtsverletzungen der Militärs bei dem Einsatz angeprangert hatte, ist inzwischen von einem Militärgericht zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Die Jugendkoalition der Revolution des 25. Januar setzte ihre Verhandlungen mit dem Militärs nun so lange aus, bis eine Untersuchung zu dem Angriff eingeleitet wird. Deren Sprecher Nasser Abdel Hamed warnt vor einer Verschlechterung der Beziehung von Militär und Zivilbevölkerung in der jetzigen kritischen Phase, in der sich Ägypten befindet: "Das Militär ist die einzige Institution, die den Übergang in die Demokratie in den kommenden Monaten leiten und absichern kann."

Trotz wachsender Unzufriedenheit mit dem Militär glauben viele daran, dass sich Ägypten auf dem Weg in ein freieres, demokratischeres Land befindet. Zeichen für den Wandel im Land sind überall zu spüren. Nie wurde so viel und so emotional über Politik diskutiert. Es entstehen neue Parteien, die die Vielfältigkeit der ägyptischen Gesellschaft repräsentieren. Sei es die liberale Partei der "Freien Ägypter", gegründet vom Geschäftsmann Naguib Sawiris, oder die verschiedenen, mehr oder weniger islamischen Parteien, die sich in dem neuen Klima der Freiheit in ihrer Unterschiedlichkeit herauskristallisieren. Trotz der Freude über die Verhaftung Mubaraks mahnen viele Revolutionäre, Aktivisten, Parteien und Politiker, sich nun auf die politischen Prozesse zu konzentrieren - schließlich sind im September Wahlen, die den Kurs Ägyptens für die kommenden Jahre bestimmen werden.

In einem Brief, den Maikel Nabil aus dem Gefängnis herausschmuggeln konnte, schreibt er: "Freiheit hat einen Preis. Ich zahle ihn im Gefängnis, ihr zahlt in dort draußen."