Die Vertreter 22 arabischer Staaten haben sich für eine Flugverbotszone über Libyen ausgesprochen und wollen mit Oppositionellen reden.

Brüssel. Die Arabische Liga hat sich bei ihrem Sondertreffen zum Libyen-Konflikt für eine Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land ausgesprochen. Die Vertreter der arabischen Staaten wollen zudem Kontakte zur libyschen Opposition aufnehmen, hieß es von Teilnehmern des Treffens in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Generalsekretär Amr Mussa hatte vor dem Gipfel eine Flugverbotszone als „humanitäre Aktion“ befürwortet. "Es geht darum, mit einer Flugverbotszone dem libyschen Volk in seinem Freiheitskampf gegen ein zunehmend menschenverachtendes Regime beizustehen“, sagte er dem „Spiegel“.

An den Gesprächen nahmen zwölf Außenminister der Arabischen Liga und andere Vertreter der 22 Mitgliedsländer teil. Trotz seines vorübergehenden Ausschlusses aus der Organisation schickte auch Libyen zwei Gesandte, die aber nicht an den Beratungen teilnehmen durften.

Ob und von wem die Flugverbotszone nun durchgesetzt wird, richtet sich nach der Beschlusslage im UN-Sicherheitsrat. International herrscht Uneinigkeit. US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte am Sonnabend vor einem Besuch in Bahrain, die USA und ihre Verbündeten seien zur Umsetzung einer solchen Maßnahme bereit, aber er frage sich, ob diese „weise“ sei.

Auch die Europäische Union tritt bislang nicht geschlossen auf. Bei ihrem Treffen am Freitag stritten sich die 27 Mitglieder über den lautstarken Alleingang des französischen Präsidenten. Nicolas Sarkozy fordert ein militärisches Eingreifen gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi.

Der Franzose plädiert für "gezielte Aktionen rein defensiver Natur" für den Fall, dass Gaddafi chemische Waffen einsetze oder mit Luftangriffen gegen sein Volk vorgehe. Sarkozy sieht sich in seiner Position gestützt von Großbritanniens Premier David Cameron. Der Brite formulierte seine Forderung aber wesentlich vorsichtiger: "Es ist wichtig, dass die Staaten Europas politischen Willen, Ehrgeiz und Einheit zeigen und klarmachen, dass Gaddafi gehen muss."

Ohne ein Mandat der Vereinten Nationen aber will niemand in Libyen eingreifen, auch Sarkozy will das nicht. Diesen Zusatz versteckt der Franzose jedoch in seinen lauten Rufen nach Militärintervention und Anerkennung der libyschen Opposition. Aber auch Sarkozy will die von der Nato aufgestellten Prinzipien gewahrt sehen: eine völkerrechtliche Basis durch Uno-Mandat, Unterstützung durch die Region, etwa durch die Arabische Liga und die Golfstaaten. Und die "nachweisliche Notwendigkeit" für eine Intervention - durch die genannten Luftangriffe oder den Einsatz chemischer Waffen gegen die eigene Bevölkerung.

Sein im Inland angeschlagenes Image nach der desaströsen bisherigen Bilanz in Sachen Nordafrika mag Sarkozy mit seinem Vorpreschen etwas korrigiert haben. Auf EU-Ebene jedoch löste er Unmut aus: "Ein ,Teile-und-Herrsche' würde Gaddafi nur in die Hände spielen", rügte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Franzosen. Vielmehr müsse "ein einheitliches Signal der EU" vom Gipfel ausgehen. Auch die spanische Regierung, die zu den Befürwortern einer Flugverbotszone und damit eines militärischen Eingreifens gehört, zeigte sich verstimmt.

Von einer Anerkennung der Opposition in Bengasi wollen die EU-Partner ebenfalls nichts hören. Paris hatte diese bereits am Donnerstag anerkannt und erhofft denselben Schritt von den anderen 26. Der aber wird nicht kommen. Vielmehr will die EU "mit den neuen libyschen Autoritäten zusammenarbeiten", um dem Land beim Aufbau eines Rechtsstaats zu helfen.

Angesichts dieser Spannungen ging beinahe der Beschluss der EU unter, Gaddafi nun endlich offiziell zum sofortigen Rücktritt aufzufordern. Gegen diesen Beschluss hatten sich Italien, aber auch Malta gewehrt. Für Rom ist Libyen ein wichtiger Handelspartner. Zudem fürchten die Südländer einen Zustrom von Flüchtlingen. Denn Gaddafi hatte im Gegenzug für Geschäfte und politische Anerkennung nach Schätzung von Menschenrechtsorganisationen bis zu drei Millionen Menschen in Libyen festgesetzt, um ihre Flucht nach Europa zu verhindern.

Erwogen wurden dem Vernehmen nach auch weitere Sanktionen gegen Gaddafi. Schon am Donnerstag hatte die Union verschärfte Sanktionen festgelegt, unter anderem wurden weitere Vermögen des Gaddafi-Clans in Europa eingefroren.

Deutschland suchte derweil erstmals selbst Kontakt mit Vertretern der Opposition. Ein hochrangiger deutscher Diplomat sprach mit dem außenpolitischen Vertreter der Aufständischen in Libyen. Es habe ein Telefonat mit dem "Außenminister" des libyschen Nationalrats, Ali Asis al-Eissawi, gegeben, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Von deutscher Seite sei darauf hingewiesen worden, dass eine neue libysche Regierung aus Wahlen hervorgehen und repräsentativ sein müsse. Zuvor hatte bereits Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vor einer übereilten Anerkennung der Rebellen als einzig legitime Vertreter Libyens gewarnt.

Libyens Machthaber ging unterdessen mit ungeminderter Härte gegen die Aufständischen vor. Am Freitag verteidigten die Rebellen trotzdem weiter ihre Positionen im Ölhafen von Ras Lanuf gegen die Offensive der Truppen Gaddafis. Tags zuvor hatten regimetreue Einheiten die Rebellen in Ras Lanuf stundenlang mit Raketen, Panzer- und Artilleriegranaten bombardiert. Hunderte Kämpfer flohen nach Osten in von der Opposition beherrschtes Gebiet. Einige Rebelleneinheiten harrten jedoch aus und leisteten weiter Widerstand.