Er raucht, mag Rotwein und ist stets gebräunt. Präsident Obama: „John Boehner ist noch dunkler als ich.“ Doch die Zeit der Scherze ist vorbei.

Washington. Seit 20 Jahre ist er im Kongress. Jetzt hat es John Boehner an die Spitze der politischen Klasse der USA geschafft. „Mr. No“ wird der neue Gegenspieler von US-Präsident Barack Obama in Washington. Der bisherige Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus rückt nach dem Wahlsieg seiner Partei aller Voraussicht nach zum neuen Parlamentschef auf. Als Nachfolger der Demokratin Nancy Pelosi an der Spitze des Repräsentantenhauses wird er den parlamentarischen Widerstand gegen Obama organisieren und dem Präsidenten das Regieren schwer machen.

Seit Obamas Amtsantritt hatte Boehner seine Republikaner im Repräsentantenhaus auf einen Kurs der konsequenten Ablehnung eingeschworen . Ein ums andere Mal schleuderte der konservative Politiker Obamas Großinitiativen ein zorniges „Nein“ entgegen: Nein zum Konjunkturpaket, zur Gesundheitsreform, zur Finanzmarktregulierung, zum Klimaschutz. Durch das Wahlergebnis fühlt Boehner sich bestätigt: „Das amerikanische Volk hat dem Präsidenten eine Botschaft gesandt: Ändern Sie Ihren Kurs!“, rief Boehner seinen Anhängern zu.

Boehner wurde 1994 zum Adjutanten des schillernden Mehrheitsführers Newt Gingrich. Als Gingrich nach einer Wahlschlappe 1998 gehen musste, verlor auch Boehner den Rückhalt in der Partei. Für den erfolgsverwöhnten Politiker ein ungewohnter Karriereknick. Es dauerte lange, bis Boehner sich zurück ins republikanische Establishment gekämpft hatte.

Boehner ist ein Washingtoner Insider. Aus seiner Nähe zu Lobbyisten macht der wirtschaftsfreundliche Politiker keinen Hehl. Besonders enge Kontakte pflegt Boehner zur Tabaklobby, deren Produkte er auch selbst gern konsumiert. Er ist ein Freund des guten Lebens: Boehner raucht, mag Rotwein und Steaks und erholt sich gerne auf dem Golfplatz. Zum Image des Hauptstadt-Dandy passt auch, dass der Solarium-Fan Boehner unabhängig vom Stand der Sonne stets gut gebräunt ist.

Sein bronzener Teint ist ein gefundenes Fressen für Spötter, auch Obama kann sich Frotzeleien nicht verkneifen. „Herr Boehner ist noch dunkler als ich“, scherzte Obama kürzlich. „In der Natur kommt seine Hautfarbe allerdings nicht vor.“ Boehner ließ die Scherze im Wahlkampf kühl an sich abprallen. Zwischen ihm und dem Präsidenten stimme die Chemie nicht: „Wir reden über Golf, wir reden über unsere Hautfarbe“, sagte Boehner im Oktober dem Sender Fox News. „Das Problem ist: Wenn wir reden, spüre ich keine Verbindung.“

Den Wahlkampf hatte Boehner fast vollständig auf die schlechte Konjunktur und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit zugeschnitten. Er geißelte das enorme Haushaltsdefizit und versprach eine Rücknahme von Obamas Gesundheitsreform, die er mit einem Anflug von Pathos als „die größte Gefahr für die Freiheit“ bezeichnete. Als Wahlsieger steht er nun an vorderster Front der versprochenen konservativen Wende in Washington.

Boehner ließ sich auf einer Welle der Wähler-Unzufriedenheit zum Sieg tragen. Als künftiger Inhaber des dritthöchsten Amts in den USA wird er konkrete Ergebnisse vorzeigen müssen. Er will die Haushaltslücke schließen, zugleich aber Steuern senken und die Militärausgaben erhöhen. Wie genau dies zu schaffen sei, ließ er im Wahlkampf offen. Ein Vordenker ist Boehner nicht, aber ein Strippenzieher, der alle parlamentarischen Tricks kennt.

Als Parlamentschef wird Boehner über wichtige Machtmittel verfügen. Er wird darüber entscheiden, welche Gesetzentwürfe überhaupt zur Abstimmung gestellt werden: Damit wird er die Vorhaben des Präsidenten ausbremsen können. Der Präsident seinerseits wird ein Veto gegen Beschlüsse des Kongresses einlegen können. Boehner und das Weiße Haus werden also Kompromisse finden müssen. Andernfalls droht der Politik die Blockade.

Boehner ist seit fast vier Jahrzehnten verheiratet. Zusammen mit seiner Frau Debbie hat er zwei Töchter. Vor seinem Gang in die Politik hatte er sich als Sohn eines demokratischen Kneipenwirts im Arbeiterstadtteil von Cincinnati nach oben gearbeitet. Als Betreiber einer Verpackungsfirma verdiente er Millionen.