Tourismusausschuss-Vorsitzender rät von Urlaub in Ägypten ab, obwohl das Land der diesjährige Partner der Reisemesse ITB ist.

Berlin. In Halle 23a der Berliner Messe wartet Ägypten schon auf seine Besucher. Wenn morgen die Internationale Tourismusbörse (ITB) mit 10 000 Ausstellern aus etwa 180 Ländern offiziell eröffnet wird, steht das Land am Nil im Mittelpunkt der größten Reisemesse der Welt.

Bei manchen in der Politik löst dies Unbehagen aus. Denn Ägypten ist das Partnerland der diesjährigen ITB - und es sehnt sich nach Reisenden aus dem Ausland. Nach der Revolution sind die Touristenströme zwischen Rotem Meer und den Pyramiden weggeblieben: 2011 kamen 33 Prozent weniger als noch 2010. Jetzt will Ägypten um Vertrauen werben, nur auf welcher Grundlage? Es waren die Muslimbruderschaft und die ultrakonservativen Salafisten, die bei der ersten Parlamentswahl nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak am besten abschnitten. Jetzt ringen sie um eine Verfassung, die möglicherweise ausschließlich auf dem islamischen Recht, der Scharia, beruhen könnte. Hinzu kommt, dass immer mehr Ägypter ihrer eigenen Polizei misstrauen. Auch die Gewalt gegen die christliche Minderheit und ein absurder Prozess gegen Nichtregierungsorganisationen, darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung, lassen an der Stabilität Ägyptens zweifeln.

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"Vom demokratischen Aufbruch in Ägypten ist nicht viel übrig geblieben", stellte der Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag, Klaus Brähmig (CDU), im Gespräch mit dem Abendblatt fest. Das zeige auch der jüngste Umgang mit Christen und den Mitarbeitern der Konrad-Adenauer-Stiftung. Brähmig empfahl den Deutschen, von Urlauben in Ägypten abzusehen. "Uns erklärt man immer, dass die Strände am Roten Meer sicher sind und dass die Touristen bedenkenlos hinreisen können", kritisierte er. Seiner Meinung nach sollten die deutschen Touristen sich aber fragen, "ob ein Urlaub in einem Land sinnvoll ist, in dem Menschrechte missachtet werden und Minderheiten drangsaliert werden". Diese Werte müssten in einem Land beachtet werden, damit Touristen auch guten Gewissens hinreisen können.

Der Tourismuspolitiker verlangte von Ägypten klare Signale, sich mehr für Menschenrechte zu öffnen. "Man will ja in Ägypten nicht nur das Meer und Pyramiden sehen, sondern auch das Leben der Menschen. Das Land sollte den Touristen nicht nur Strände und alte Kultur anbieten, sondern auch zeigen, dass es die christliche Minderheit schützt", so Brähmig. Der CDU-Mann sieht gerade im Maghreb-Bereich auch Länder, die sich, anders als Ägypten, positiv entwickeln - und damit für deutsche Touristen attraktiver sein könnten: Tunesien, Marokko und Jordanien. "Diese Länder schaffen es, sich ethisch von Ägypten abzusetzen."

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke verlangte weniger von den Touristen, sondern vielmehr von der Reisebranche mehr Sensibilität beim Bewerben von Reisezielen. "Die Reisebranche hat sich bisher nicht genug um die Folgen des Tourismus für Menschenrechte gekümmert", sagte das Mitglied des Menschrechtsausschusses dem Abendblatt. Die Sensibilisierung der Reisenden für die Kultur der Reiseländer und die Folgen des Reisens sei eine wichtige Aufgabe. Die Bundesregierung müsse auf die Welttourismusorganisation einwirken, dass sie sich stärker mit dem Thema Tourismus und Menschenrechte befasse, regte Klimke an.

Der Präsident des Deutschen Reiseverbandes, Jürgen Büchy, argumentierte, der Tourismus trage zu Veränderungen in den jeweiligen Ländern bei. Durch das Miteinander der Menschen werde ein Prozess der Auseinandersetzung in Gang gesetzt. Einige Veranstalter böten Reisen nach Nordkorea an, und das sei auch gut so. Das sei die einzige Chance, dass ein abgeschottetes Land überhaupt Kontakt zur Außenwelt erhalte, unterstrich Büchy.

Tourismusausschuss-Vorsitzender Brähmig sieht dennoch die Urlauber in der Pflicht, ethisch zu handeln: "Das deutsche Gewissen ist eigentlich gut ausgeprägt. Deswegen sollten wir Deutschen uns besser über Reiseziele informieren und nicht nur den Bauch und das Portemonnaie, sondern auch den Kopf und das Herz entscheiden lassen", forderte er. Brähmig sprach sich für ein Qualitätssiegel für Reiseländer aus, in dem auch Kriterien wie Menschenrechte, Demokratiestandards und Religionsfreiheit bewertet werden.

Gäbe es bereits ein solches Siegel, würden nach Meinung Brähmigs auch die Malediven ziemlich schlecht abschneiden. Er nannte den Inselstaat im Indischen Ozean, in dem der Islam die Staatsreligion ist, "ein problematisches Reiseland". Wenn man westliche, zivilisierte, christlich-abendländische Menschen auf den Malediven nicht haben wolle, weil der Staat islamisch geprägt sei, dann müssten das unsere Touristen auch realisieren, sagte Brähmig. "Wenn Swimmingpools beispielsweise als pornografische Dekadenz des Westens angesehen werden, sollten wir Europäer das Land meiden." Man könne nicht das Geld der "verhassten" Europäer und Christen haben wollen, sie aber nicht als Menschen mit ihrer Kultur und Werten akzeptieren, kritisierte er.

Die paradiesische Inselkette steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Am 7. Februar war der erste demokratisch gewählte Präsident Mohammed Nasheed nach wochenlangen Protesten und auf Druck der islamistischen Opposition zurückgetreten. Zuvor hatte Nasheeds Regierung weltweit Schlagzeilen gemacht, als sie die Schließung von Wellness-Bereichen in mehr als 100 Hotels angeordnet hatte - mit der Begründung, es handele sich in Wahrheit um Bordelle. Wenig später hob sie das Verbot wieder auf.