In Kairo bezogen Sicherheitskräfte an wichtigen Plätzen Stellung. Vor der Protestwelle ist das Internet in Ägypten lahmgelegt worden.

Kairo. Nach dem Freitagsgebet haben in Kairo Tausende Ägypter gegen Präsident Husni Mubarak und dessen Regierung protestiert. Augenzeugen berichten derweil, dass die Polizei in der Innenstadt von Kairo Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstranten einsetzt. So sollen die Protestierenden auseinander getrieben werden. In einigen Straßen patrouillieren gepanzerte Fahrzeuge, Soldaten feuern laut Augenzeugen Schüsse in die Luft, um die Demonstranten zu zerstreuen. Diese harren aber aus.

Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete weiter, auch in der südlichen Provinz Minia habe es Proteste gegeben. Bei Protesten in der Hafenstadt Alexandria sei es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Regierungsgegner hatten zu einem „Freitag der Wut“ aufgerufen. Da Demonstrationen in Ägypten meist nicht geduldet werden, benutzen die Ägypter häufig das Freitagsgebet, um sich trotzdem zu versammeln.

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Mubarak-Regime blockiert Facebook, Twitter und Co.

Die Regierung in Ägypten bietet Gegnern und Kritikern konsequent die Stirn. Kurz vor neuen Protesten gegen Präsident Husni Mubarak ist das Internet in Teilen des Landes massiv gestört. Wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Webdienste, die das Funktionieren des Internets überprüfen, berichtete, waren die Server des Hauptanbieters in Ägypten am Freitagmorgen nicht erreichbar. Auch die Server für Webseiten der ägyptischen Regierung und der US-Botschaft in Kairo waren offenkundig unterbrochen. Auch Textnachrichten konnten nicht mehr mit Blackberry versendet werden. Webseiten wie Twitter, Facebook und der Email-Dienst von Google waren vollständig blockiert. Die Regierung hatte angekündigt, am Freitag würden keine Proteste geduldet. Jedoch seien Menschen in Kairo von Tür zu Tür gegangen, um ihre Mitbürger zur Teilnahme zu ermutigen.

Die Opposition hatte für heute zu Massenkundgebungen in Kairo und anderen Städten aufgerufen. Mehrere Gruppen forderten die Bürger auf, nach dem Freitagsgebet von den Moscheen aus loszumarschieren. Auch die Christen sollten nach dem Kirchgang auf die Straße gehen. Sicherheitskräfte sollen für Freitagmittag Gebete in den meisten Moscheen im Zentrum von Kairo sowie in größeren Moscheen im Land verboten haben, um Versammlungen von Demonstranten zu verhindern, berichtete die Website Akher al-Akhbar.Sondereinheiten der Polizei bezogen an strategisch wichtigen Plätzen Kairos Stellung.

Auch am Donnerstag kam es wieder zu Protesten in Ägypten. In Kairo demonstrierten am späten Abend auf einer der Hauptstraßen mehr als 1000 Menschen. Seit Beginn der Proteste am Dienstag - den größten seit der Machtübernahme von Mubarak vor 30 Jahren - gab es mindestenssieben Tote, etwa 1000 Menschen wurden festgenommen.

Unterdessen traf Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei am Donnerstagabend in Kairo ein. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, der sich an die Spitze derProtestbewegung stellen will, bot sich als Chef einerÜbergangsregierung an. Ägypten stehe an einem Scheideweg, sagte der 68-Jährige.

Bei seiner Ankunft in Kairo äußerte sich El Baradei zunächst nicht näher zu seinen Plänen. "Es ist ein Prozess“, sagte er lediglich. Mit Blick auf die Staatsführung betonte der Diplomat: “Eine Hand ist ausgestreckt, aber die Führung muss verstehen, dass Wandel absolut notwendig ist.“ Es gebe keinen Weg zurück. El Baradei, der in Begleitung seiner Ehefrau aus Wien kam, sagte, er hoffe auf einen friedlichen Machtwechsel in Ägypten. Anders als bei seiner Rückkehr im Februar vergangenen Jahres wurde er diesmal nur von Reportern empfangen. Damals hatten ihn auch Hunderte von Regimekritikern erwartet.

US-Präsident Barack Obama ist überzeugt, dass politische und wirtschaftliche Reformen eine "absolut entscheidende Bedeutung“ für Ägyptens Zukunft haben. In einem "YouTube“-Interview sagte er, er habe bei Mubarak wiederholt zu Reformen gedrängt. Zugleich wies Obama darauf hin, dass Mubarak ein enger Verbündeter "in einer Menge von bedeutenden Fragen“ und ein Partner im arabisch-israelischen Friedensprozess gewesen sei. "Präsident Mubarak ist sehr hilfreich bei einer Reihe von schwierigen Angelegenheiten im Nahen Osten gewesen“, sagte Obama. Die Proteste zeigen nach seinen Worten "aufgestaute Frustrationen“ über die Lage der ägyptischen Gesellschaft. Es sei von grundlegender Bedeutung, dass Menschen in jedem Land frei seien, "ihre legitimen Beschwerden zum Ausdruck zu bringen“. (dpa)