Die Neujahrsbotschaft der nordkoreanischen Führung fordert die Bevölkerung auf, dem neuen Machthaber “bis zum Tode“ zu folgen.

Seoul. Mit einem Aufruf zur absoluten Gefolgschaft des neuen Machthabers Kim Jong Un begann das neue Jahr in Nordkorea. Nachdem der Sohn und Nachfolger von Ex-Diktator Kim Jong Il zum Oberbefehlshaber der Armee ernannt wurde, soll das Volk Kim Jong Un „bis zum Tode“ schützen. „Die gesamte Partei, Armee und das Volk sollten die feste Überzeugung haben, als menschliche Bollwerke und Schutzschilde Kim Jong Un bis zum Tod zu verteidigen“, hieß es in der Botschaft. Auch soll laut einem Neujahrsleitartikel der offiziellen Zeitungen des kommunistischen Landes eine Ära des Wohlstands beginnen.

Den Menschen wurden trotz andauernder Versorgungsprobleme Erfolge beim Aufbau eines wohlhabenden Landes versprochen. Das weitgehend isolierte Regime in Pjöngjang bekräftigte zudem, die Politik des gestorbenen langjährigen Alleinherrschers Kim Jong Il fortsetzen zu wollen. Hoffnungen auf einen Kurswechsel erteilte es erneut eine Absage. Das umstrittene Atomprogramm des kommunistischen Landes fand keine Erwähnung. Allerdings wurde die Nahrungsmittelknappheit der weitgehend verarmten Bevölkerung als „brennende Frage“ bezeichnet, die zum Aufbau eines „florierenden Landes“ gelöst werden müsse.

Am Samstag berichteten die Staatsmedien, dass die herrschende Arbeiterpartei am Vortag Kims jüngstem Sohn auch den Oberbefehl über die 1,2 Millionen Mann starke Volksarmee übertragen habe. Die Übernahme des Postens von seinem Vater ist ein klares Zeichen dafür, dass der erst knapp 30-jährige Kim Jong Un seine Stellung weiter gefestigt hat. Bereits am Donnerstag hatte das Regime Kim Jong Un zum „obersten Führer“ der Partei, des Militärs und des Volkes ausgerufen.

Die Armee ist ein wichtiger Machtfaktor in dem Staat, dessen Führung eine „Militär-Zuerst“-Politik verfolgt. Nach Einschätzung Südkoreas und der USA vollzieht sich der Übergang in Nordkorea bisher stabil. Kim Jong Il, der nach offizieller Darstellung am 17. Dezember infolge eines Herzinfarkts gestorben war, hatte seinen Sohn schrittweise auf die Nachfolge vorbereitet.

Der gemeinsame Leitartikel gab das Motto aus: „Preist 2012 als Jahr des stolzen Sieges, ein Jahr, wenn eine Ära des Wohlstands sich entfaltet.“ Im neuen Jahr würden die entsprechende Pläne Kim Jong Ils „glänzende Früchte“ hervorbringen. Dazu sollten unbeschränkte Anstrengungen unternommen werden. Allerdings räumte das Land erneut erhebliche Schwierigkeiten bei der Ernährung der Bevölkerung ein. Dies sei „ein brennendes Problem beim Aufbau eines blühenden Landes“.

Der Leitartikel enthielt keine Hinweise auf einen Kurswechsel in Nordkorea. Es sei aber bemerkenswert, dass die Lebensmittelkrise angesprochen worden sei, sagten politische Beobachter. Um seine Macht zu festigen, müsse Kim Jong Un die Bekämpfung der Nahrungsmittelknappheit ganz oben auf seine politische Agenda setzen, sagte der südkoreanische Professor für Nordkorea-Studien, Yang Moo Jin. Das weitgehend abgeschottete Land war in der Vergangenheit immer wieder mit Hungersnöten konfrontiert und auf ausländische Lebensmittelhilfen angewiesen. UN-Angaben zufolge benötigt Nordkorea in diesem Jahr Nahrungsmittellieferungen für fast drei Millionen seiner 24 Millionen Einwohner.

2012 gilt für Nordkorea wegen des 100. Geburtstags von Kim Jong Ils Vater, dem nach wie vor als gottgleich verehrten „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung, im April als besonders wichtiges Jahr. Das verarmte, aber hoch gerüstete Land ist nach einer Reihe von Naturkatastrophen und wegen Misswirtschaft seit Jahren auf Hilfe von außen angewiesen. Kim Jong Un ist der jüngste Sohn und Nachfolger Kim Jong Ils, der das Land 17 Jahre lang führte, nachdem er die Macht 1994 von seinem Vater Kim Il Sung übernommen hatte. Dieser begründete die Dynastie 1948.

Die Streitkräfte sollen gestärkt werden, hieß es. Zudem bekräftigte Nordkorea nach längerer Unterbrechung in seiner Neujahrsbotschaft wieder die Forderung an die USA, ihre in Südkorea stationierten 28 500 Soldaten zurückzuziehen, denen vorgeworfen wurde, „imperialistische Invasionstruppen“ zu sein. Das Atomwaffenprogramm des Landes erwähnte Nordkorea am Sonntag nicht. Kim Jong Il hatte sich zuletzt zur Wiederaufnahme von Gesprächen mit den USA, China, Südkorea, Russland und Japan über sein Atomprogramm bereiterklärt. Eine konkrete Zusage gab es aber bisher nicht.

Der Tod Kim Jong Ils hat international Besorgnis über den künftigen Kurs des politisch isolierten Landes ausgelöst. Unklar ist bislang auch, wie sich die neue Führung im Streit um Nordkoreas Atomprogramm verhält.

Mit Material von dpa/Reuters