Wie werden sich die Kriege der USA entwickeln? Was in Afghanistan und im Irak passiert, hält ein US-General nur für die Vorboten künftiger Konflikte.

Hamburg/Washington. Eine Billion ist eine Eins mit zwölf Nullen. Nähme man die alten 500-Dollar-Scheine und stapelte sie so lange aufeinander, bis man eine Billion Dollar zusammenhätte, erreichte man eine Höhe von mehr als 200 Kilometern, tief in der Thermosphäre. Die amerikanische Regierung muss sich in diesem Jahr mit dieser gigantischen Zahl auseinandersetzen. Denn die Gesamtkosten der Kriege in Afghanistan und im Irak werden bald die Eine-Billion-Dollar-Grenze erreichen.

Der US-Sender CBS News nahm das Durchstoßen dieser finanziellen Schmerzgrenze zum Anlass, die Frage zu untersuchen, wo Amerika derzeit eigentlich steht und wie es weitergehen soll. Seit dem Jahre 2001 sind US-Truppen am Hindukusch, und seit 2003 sind sie im Zweistromland. Derzeit stehen fast 70 000 US-Soldaten in Afghanistan - es sollen bald mehr als 100 000 sein - und rund 120 000 sind es noch im Irak. Rechnet man die regelmäßigen Ablösungen hinzu, so ist die militärisch stärkste Macht der Erde mit ihren gut 1,4 Millionen aktiven Soldaten mit diesen beiden Kriegen personell fast am Limit ihrer Möglichkeiten. Bislang haben rund zwei Millionen amerikanische Soldaten im Irak und in Afghanistan gekämpft.

Zu der hohen personellen Belastung kommen die Verluste: 5300 Soldaten haben die USA bislang in beiden Kriegen verloren, 36 000 wurden verwundet, viele von ihnen erlitten bleibende Schäden, fast 1000 von ihnen mussten Glieder amputiert werden. Das Leid für die betroffenen Familien ist entsetzlich, zudem gehen die Folgekosten für den Staat in die vielen Milliarden. Ferner leiden 300 000 heimgekehrte Soldaten an den Folgen posttraumatischer Belastungsstörungen. Manche US-Soldaten haben bislang fünf jeweils mehrere Monate lange Einsätze - "combat tours" - absolviert. Nicht wenige der dabei psychisch Geschädigten sind unfähig, ein normales Leben wieder aufzunehmen, manche sind lebende Zeitbomben mit einem Hang zu extremer Gewalt. 480 000 ehemalige Kriegsteilnehmer erhalten Unterstützung - vor allem medizinische - durch das Veteranen-System (VA) der Regierung.

Das Problem sei offensichtlich, meint CBS: Die stärkste und technisch höchstentwickelte Militärmacht der Geschichte sei fast bis zum Zusammenbruch überbeansprucht durch zwei Guerilla-Kriege gegen drittklassige Gegner. Das von den US-Militärs als schnelle Lösung für derartige Konflikte entwickelte Konzept "shock and awe" - bei dem der Feind durch massive Angriffe in eine Art Duldungsstarre gebombt werden soll - sei inzwischen als Mythos entlarvt.

"Es gab viele Leute, die glaubten, Technologie habe das Probleme zukünftiger Kriege gelöst. Dass wir in der Lage sein würden, künftige Kriege schnell, billig und aus größerem Abstand zu gewinnen", sagte Brigadegeneral H. R. McMaster, einer der erfolgreichsten Truppenführer im Irak.

Tatsächlich nützt die ganze Technik nur begrenzt gegen die Sandalen-Krieger der Taliban oder der al-Qaida; mehr als ein Drittel der Todesopfer unter den US-Soldaten geht auf das Konto zumeist primitiver IEDs ("improvised explosive devices") - am Straßenrand platzierter Sprengsätze, oft aus alten Artilleriegranaten gebastelt.

Düster orakelt General McMaster: "Was wir im Irak und Afghanistan sehen, sind die Vorzeichen künftiger Konflikte." Die wichtigste Lektion aus beiden Kriegen - und das Hauptproblem für das US-Militär - sei die Erkenntnis, dass man nicht voraussagen könne, wo ein Krieg ausbrechen und wie er sich entwickeln wird.

Konfliktpotenzial gibt es reichlich - Kriegszenarien müssen nicht nur für die offensichtlichen Krisenherde wie Korea, Iran oder Jemen entwickelt werden. Für die US-Militärs gibt es rund 90 gescheiterte oder vom Scheitern bedrohte Staaten, in denen es brenzlig werden könnte - fast die Hälfte aller Länder der Erde.

Die USA versuchen, sich im Wortsinn für die neuen Krisen zu rüsten. Ironischerweise findet die militärische Zukunftsplanung bis 2025 in Amerikas ältester Festungsanlage statt - dem von einem Graben umgebenen Fort Monroe in Virginia. Doch der Chefplaner, Generalleutnant Michael Van sagt, die Veränderung der Welt in so rasenden, exponentiellen Raten vor sich, dass Voraussagen kaum noch möglich seien. Man könne nur noch versuchen, den Soldaten der Zukunft so schnell wie möglich an die neueste Taktik seiner Gegner anzupassen. Dabei hilft Hollywood: Die US-Krieger trainieren zurzeit noch an Computer-Simulatoren. Doch bald sollen ganze Züge mit 40 Soldaten in turnhallengroßen 3-D-Simulatoren auf die speziellen Bedingungen exotischer Schlachtfelder vorbereitet werden. Je nach Krisen-Erfordernis können die Örtlichkeiten blitzschnell verändert werden - von einem afghanischen Dorf bis zu einer philippinischen Ins