Bei einem Selbstmordattentat auf eine Kirche in der ägyptischen Stadt Alexandria sind mindestens 22 Menschen ums Leben gekommen.

Kairo/Alexandria/Rom. In der Silvesternacht ist in Ägypten ein Selbstmordanschlag vor einer koptischen Kirche in Alexandria verübt worden. Bei dem Anschlag kamen mindestens 21 Menschen ums Leben. Mindestens 71 weitere wurden nach offiiziellen Angaben verletzt. Der Selbstmordattentäter sprengte sich mit seinem Wagen in die Luft und hat dabei mindestens 21 Gläubige mit in den Tod gerissen. Nach offiziellen Angaben wurden mindestens 79 weitere Menschen verletzt. Unter den Opfern sollen auch muslimische Passanten gewesen sein. Als die Kirchgänger aus der Mitternachtsmesse in der St. Markus- und Petri-Kirche im Stadtteil Sidi Bischr strömten, explodierte die Bombe und entfaltete ihre verheerende Wirkung.

Etwa eine halbe Stunde nach Mitternacht schlugen die Terroristen zu, als die Neujahrsmesse der koptischen Christen ihrem Ende zuging. Am Sonnabend teilte das Innenministerium in Kairo mit, dass die in einem Auto verborgene Sprengladung von einem Selbstmordattentäter gezündet wurde. Sicherheitskreise teilten mit, dass es sich um eine Bombe mit einem Gewicht von etwa 100 Kilogramm handelte. Der Anschlag löste in der arabischen Welt Empörung aus.

Die Behörde beschuldigte ohne nähere Erläuterung "ausländische Elemente“ als Drahtzieher und Ausführende der Bluttat. Kürzlich hatte tatsächlich eine Gruppe mit Verbindungen zum islamistischen Terrornetz Al-Kaida im Irak den Christen im ganzen Nahen Osten mit Anschlägen gedroht. Den Kopten wird von der Organisation vorgeworfen, zwei vom Christentum zum Islam konvertierte Frauen als "Geiseln“ festzuhalten.

Nach dem Anschlag bewarfen wütende Christen eine Moschee in der Nähe mit Steinen. Die Menge wurde von der Polizei auseinandergetrieben. In Alexandria ist die St. Markus- und Petri-Kirche eines der größten Gotteshäuser der Kopten. Unmittelbar benachbart ist das kirchliche St. Markus-Spital, in dem viele der Verletzten behandelt wurden.

Die Tragödie hätte nach Berichten von Augenzeugen noch schlimmer ausfallen können. Wenn die Terroristen bis zum Ende der Zeremonie gewartet hätten, wären vermutlich mehr Menschen umgekommen. Die Attentäter zündeten die Bombe zu einem Zeitpunkt, als erst die ersten Gläubigen die noch im Gange befindliche Messe verließen. Die britische BBC zeigte einen im Inneren der Kirche per Handy aufgenommenen Clip, auf dem zu sehen ist, wie die Kirchengemeinde von der Explosion aus ihren liturgischen Gesängen gerissen wurde.

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak rief alle Ägypter, ob Christen oder Muslime, auf, sich gemeinsam dem Terrorismus und allen zu widersetzen, die die Sicherheit und Einheit des Landes bedrohten. Seine Behörden würden dafür sorgen, dass die Täter aufgespürt würden und "dem Terrorismus der Arm abgehackt“ werde. Auch das amtliche Islam-Institut Al-Azhar und die oppositionelle islamische Moslembruderschaft verurteilten den Anschlag.

Die Herrscher und Präsidenten der anderen arabischen Länder zeigten gleichfalls Abscheu für die Terrortat. Entsprechende Botschaften trafen von König Abdullah II. von Jordanien, vom Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Scheich Chalifa bin Said al-Nahjan, vom saudischen Königshof und aus Kuwait und Katar in Kairo ein.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich bestürzt über den Anschlag und erklärte: "Ich verurteile diesen Akt der Brutalität gegen Menschen, die bei einer Messe friedlich das neue Jahr begehen wollten, auf das Schärfste. Das zynische Vorgehen der Attentäter zeigt, wie notwendig es ist, entschlossen gegen Terrorismus und religiöse Intoleranz vorzugehen.“

Etwa zehn Prozent der Ägypter sind Christen. Wegen des Baus von Kirchen, Konvertierungen und Landdisputen kommt es immer wieder zu Spannungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen.

Am Neujahrstag hat Papst Benedikt XVI. religiöse Intoleranz verurteilt und zu einem entschiedenen Eintreten für den Frieden aufgerufen. Papst Benedikt XVI. appellierte angesichts mehrerer blutiger Anschläge gegen Christen in den vergangenen Tagen in seiner Predigt im Petersdom an Gläubige in aller Welt, sich nicht entmutigen zu lassen und in Resignation zu verfallen.

Der Papst sagte, es gebe zwei "negative Extreme“ in der Welt. Das eine Extrem sei der Säkularismus, der Versuch, "die Religion an den Rand zu drängen, um sie auf die Privatsphäre zu beschränken“. Das zweite Extrem sei der Fundamentalismus, der "mit Gewalt allen (die Religion) aufdrängen will“, erklärte das katholische Kirchenoberhaupt.

Vom Vatikan wird der Neujahrstag als Tag des Weltfriedens gefeiert. In seiner Predigt appellierte Benedikt an die Staats- und Regierungschefs der Welt, eine "konkrete und beständige Verpflichtung“ einzugehen, Frieden herbeizuführen.

Um über die "großen Herausforderungen, die unsere Epoche für die Menschheit aufwirft" nachzudenken, sei das neue Jahr eine gute Gelegenheit, erklärte der Papst. Die Bedrohungen für die Religionsfreiheit seien akut. Gleichzeitig sei die Religionsfreiheit der "bevorzugte Weg, um Frieden aufzubauen“.

Nach seiner Neujahrspredigt begrüßte Papst Benedikt XVI. vom Fenster seiner Wohnung aus die zahlreichen Pilger und Touristen, die sich auf dem Petersplatz versammelt hatten.

(abendblatt.de/dpa/dapd)