Berlin. Das Nato-Land Finnland fühlt sich nicht mehr durch Russland bedroht, sagt Außenminister Haavisto. Sorge bereitet ihm etwas anderes.

Finnland fühlt sich nach der Aufnahme in die Nato nicht durch Russland bedroht. „Die militärischen Aktivitäten der Russen nahe der Grenze zu Finnland haben nicht nennenswert zugenommen“, sagte der finnische Außenminister Pekka Haavisto unserer Redaktion und der französischen Zeitung „Ouest-France“. „Im Gegenteil: Nach unserer Einschätzung ist Russland mit der Last des Ukraine-Kriegs ziemlich beschäftigt. Die Russen transportieren sogar Waffen und Militärgüter aus dem Grenzgebiet in die Ukraine“

Sorge bereiteten der finnischen Regierung aber die russischen Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen. „Was uns seit Beginn von Russlands Invasion in die Ukraine besorgt, ist die leichtfertige Rhetorik in Moskau über den Einsatz von Nuklear- oder Chemiewaffen. Das Gleiche gilt für die Ankündigung Russlands, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren“, betonte Haavisto.

Finnland baut 200 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Russland

So hatte der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew angedroht, Atomwaffen an der Grenze aufzustellen, sollte Finnland Mitglied der Nato werden. „Es ist eine potenzielle Gefahr für Europa, wenn atomare Kapazitäten vergrößert werden und mehr Länder in die Stationierung von Nuklearwaffen involviert sind. Wir schauen sehr genau hin, was in Belarus passiert“, so Haavisto.

Der finnische Außenminister Pekka Haavisto in der Residenz der finnischen Botschafterin in Berlin.
Der finnische Außenminister Pekka Haavisto in der Residenz der finnischen Botschafterin in Berlin. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Trotz der nicht angestiegenen militärischen Bedrohung durch Moskau wird Helsinki in den nächsten Jahren einen Zaun an der rund 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland errichten. „Wir bauen an einigen Stellen einen mehrere Kilometer langen Test-Zaun an der Grenze zu Russland.

Hier kommt auch elektronische Überwachungstechnologie zum Einsatz“, erklärte Haavisto. „Das ist eine Reaktion auf die massenweise Schleusung von Flüchtlingen von Belarus nach Polen 2021 und 2022 – Migranten wurden damals als Waffe benutzt.“ In den Jahren zwischen 2023 und 2026 soll der Zaun auf einer Gesamtlänge von rund 200 Kilometern angelegt werden.

Finnland will keine permanente Nato-Basis im Land

Die Grenze zu Russland sei allerdings nicht geschlossen, obwohl der Handel wegen der Sanktionen stark geschrumpft sei und die finnischen Behörden russischen Staatsbürgern keine Touristen-Visa mehr ausstellten, fügte der Minister hinzu. „Russen dürfen nach wie vor die Grenze überqueren, um in Finnland zu arbeiten. Zudem gibt es Russen, die in Finnland studieren. Auch sind Familienbesuche über die Grenze hinweg möglich.“

Die Errichtung einer permanenten Nato-Basis in Finnland sei ebenso wenig vorgesehen wie die Stationierung von rotierenden Nato-Truppen, so Haavisto. „Wir haben eine starke Armee aus Wehrpflichtigen. Hinzu kommen 300.000 Reservisten. Unser Ziel besteht darin, dass wir unser Land selbst verteidigen können.“ Es sei allerdings geplant, dass sich Finnland künftig an der Nato-Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteilige.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

„Es gibt keine militärische Zauberlösung für die Ukraine, um den Krieg zu gewinnen“

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagte Haavisto: „Es gibt keine militärische Zauberlösung für die Ukraine, um den Krieg zu gewinnen.“ Allerdings seien eine wirksame Luftabwehr und Kampfpanzer zentral. „Aber am Ende des Tages muss eine verhandelte Lösung stehen - hoffentlich mit der Rückgabe der Territorien, die Russland besetzt hat“, unterstrich der Außenminister.

Haavisto warnte vor einem zu schnellen EU-Beitritt der Ukraine. „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir verschiedene Bewerbungen für einen EU-Beitritt gleichbehandeln“, sagte er. „Ich bin ziemlich besorgt über die Entwicklungen in den Westbalkanstaaten: Nordmazedonien und Albanien warten bereits sehr lang auf die Aufnahme in die EU. Erst nach deren Mitgliedschaft sollten wir mit den Anträgen der Ukraine und Moldawiens umgehen.“